Emmanuel Macron hat mit 66 Prozent der Wählerstimmen am Sonntag den Einzug in den Élysée-Palast geschafft. Der parteilose Mitte-Kandidat hat damit sein prognostiziertes Ergebnis – 60 Prozent – deutlich übertroffen und seine rechte Kontrahentin Marine Le Pen in der Stichwahl um das französische Präsidentenamt hinter sich gelassen.

Macron hat dabei viele Stimmen von Wählern erhalten, die in der ersten Runde für die linken Kandidaten Jean-Luc Mélenchon und Benoît Hamon gestimmt hatten. Aber auch aus dem konservativen Lager um den gescheiterten François Fillon hat der 39-Jährige die Hälfte der Wähler auf seine Seite gezogen, wie Erhebungen des Instituts Harris Interactive zeigen. Dieser breite Zuwachs spiegelt sich auch in der Ergebniskarte wider.

Le Pen hat den stärksten Rückhalt im Norden des Landes. Zusätzlich hat die Kandidatin des rechtsextremen Front National die andere Hälfte der Unterstützer Fillons überzeugt und ein Zehntel der Wähler Mélenchons. Ein Drittel der Wählerschaft des Linkspopulisten blieb der Wahl gänzlich fern. Insgesamt war die Wahlbeteiligung mit etwa 75 Prozent so niedrig wie zuletzt 1969.

Städtische Regionen für Macron

Die Basis für seinen Sieg hat Macron in urbanen Regionen gelegt, allen voran Paris. Dort hat er etwa vier von fünf Wählern mit seinem proeuropäischen Kurs überzeugt. Das Gleiche gilt für die Bretagne im Westen und den Südwesten, beispielsweise Toulouse.

Grafik: Flooh Perlot

Le Pen hat am besten im Norden Frankreichs abgeschnitten. Auch im Süden war ihr Ergebnis überdurchschnittlich. Das sind jene Regionen, in denen die Arbeitslosenquote höher als im Landesdurchschnitt ist.

In diesen Regionen hat die FN-Kandidatin mit ihren Versprechen gepunktet, die Beziehung zur EU neu zu verhandeln und die Einwanderung zu begrenzen. Im Umkehrschluss heißt das: Wo die Arbeitslosenrate niedrig ist, hat Macron besser abgeschnitten. Ein zweiter wesentlicher Indikator für das Wahlverhalten der Regionen ist das Einkommen. Je höher beispielsweise das mittlere Haushaltseinkommen in einer Region liegt, desto mehr Stimmen hat Macron erhalten.

Ein hohes Einkommen baut oft auf einem höheren Bildungsabschluss auf. So zeigt sich in weiteren Datenanalysen, dass der Anteil der Macron-Wähler je Gemeinde steigt, je mehr Personen mit Universitätsabschluss dort leben. Bildung war auch inhaltlich ein bedeutendes Thema für Macrons Wählerschaft – neben dem Arbeitsmarkt und Europa war es das wichtigste Anliegen. Bei den 34 Prozent der Franzosen, die für Le Pen gestimmt haben, waren Immigration und die Bekämpfung des Terrorismus die größten Sorgen.

Le Pen in jeder Region stärker als ihr Vater 2002

Trotz des deutlichen Sieges von Macron war Le Pens Ergebnis das beste in der Geschichte des Front National. Ihr Vater Jean-Marie Le Pen war vor 15 Jahren ebenso in die zweite Runde der Präsidentenwahl eingezogen, hatte dort aber nur 17,8 Prozent der Stimmen erhalten. Marine Le Pen hat also den Stimmenanteil der Partei fast verdoppelt.

Die Trennlinien im Wahlverhalten hat Macron in seiner Siegesrede angesprochen: "Ich weiß um die Wut, die Angst und die Zweifel." Deshalb wolle er nun "die Schwächsten schützen". (Gerald Gartner, Markus Hametner, 8.5.2017)