"Twin Peaks": Die dritte Staffel startet am 21. Mai.

Twin Peaks

"Gilmore Girls": ORF verhandelt mit Netflix.

Foto: netflix

New York / Wien – Die Entwarnung kam in letzter Minute: Nachdem sich Autoren und Produzenten auf fairere Verträge geeinigt haben, können die US-Networks ihre Serienpiloten in Auftrag geben und das bei den New York Upfronts vom 15. bis 18. Mai Werbekunden wie gewohnt kundtun.

Aufatmen? Nur kurz, denn die sorglosen Jahre scheinen für die großen TV-Netzwerke ABC, NBC, CBS, Fox und CW vorbei zu sein. Streamingplattformen und Abokanäle schaufeln Inhalte herbei, besonders die jungen Zuseher schauen ihre Serien, wann sie wollen, und nicht, wann sie im Fernsehen gespielt werden. Folglich leiden die "Big Five" im traditionellen Fernsehen unter Seherschwund. Neun Prozent zur Primetime verlieren diese Networks gegenüber dem Vorjahr.

Horizontal statt episodisch

Das hat Folgen – auch für den ORF. Serien der US-Networks sind in Zeiten der Sparnot gefragter denn je. Aber die "ganz große Mainstreamserie" für den ORF vermisst Andrea Bogad-Radatz auch in diesem Jahr: "Es kommt für die Primetime aus den USA nichts Erfolgversprechendes nach", sagt die Serienchefin. Ihre Erklärung: "Alle Kreativen sind sich darin einig, dass sie lieber horizontale Geschichten erzählen. Aber für den ORF und andere Free-TV-Sender wäre eine episodisch erzählte Serie wichtig." Der wöchentliche Ausstrahlungsrhythmus wirkt vielen Serienschöpfern nicht mehr zeitgemäß. Sender, die darauf angewiesen sind, ringen um Nachschub.

Dass der ORF wie alle Free-TV-Sender im deutschsprachigen Raum der US-Premiere von Pay-TV-Produktionen zwei oder sogar drei Jahre nachhinkt, stört Bogad-Radatz weniger: "Natürlich gibt es diese Gruppe, die eine neue Serie sofort und zur Gänze sehen will, um ihre Stellung und ihr Image zu wahren. Der Großteil der Österreicher hat aber noch andere Interessen", sagt Bogad-Radatz. Mit Netflix verhandelt sie etwa über die Ausstrahlung der Gilmore Girls – frühestens 2018.

Anstieg an Eigenware

Dazu kommt, dass die Einkäufe Sendeplätze brauchen. In Zeiten, da der ORF seine Strukturen neu ordnet und ORF 1 seinen ohnehin hohen und dafür kritisierten Kaufanteil nicht noch weiter hochschrauben sollte, ist mit einem Anstieg an Eigenware zu rechnen.

Folgt daraus, dass Serien noch öfter auf unattraktive Sendeplätze verschoben werden müssen und das Publikum noch länger warten muss? "Im Gegenteil", sagt Bogad-Radatz. Als Beispiel führt sie den Montag-Hauptabend an, der eigenproduzierte Serien wie Vorstadtweiber und Schnell ermittelt mit US-Ware von Grey's Anatomy bis Lethal Weapon kombiniere.

Die angekündigten Serienpiloten der großen Fünf sorgen bei Bogad-Radatz für wenig Euphorie: "Man setzt auf Altbewährtes, ist nicht sehr mutig, nicht sehr risikofreudig." Darunter reiht sie etwa die Fortsetzung von Dynasty – Der Denver-Clan nach rund 35 Jahren: "Weil die Vergangenheit zeigt, dass Reboots selten an frühere Erfolge anschließen können." Skeptisch ist sie vor dem Hintergrund auch bei Twin Peaks – die dritte Staffel geht am 21. Mai in Serie. Potenzial sieht Bogad-Radatz hingegen für:

· Linda From HR Fox bestellt einen Serienpiloten mit Gilmore Girl Lauren Graham. In der Comedy gerät sie als Mitarbeiterin einer Personalabteilung nach einer folgenschweren Entscheidung in Turbulenzen.

· The Good Doctor folgt einer koreanischen Dramaserie um einen autistischen Arzt und brillanten Mediziner. Bogad hofft auf einen "neuen Dr. House".

· Start Up Scrubs-Held Zach Braff gründet eine Firma und wird im Zuge dessen mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert. ABC bestellt den Piloten, das Drehbuch stammt von Matt Tarses, der auch für Scrubs schrieb.

· For God and Country Einen Herzrasen verursachenden Blick auf die tapferen Helden des US-Militärs kündigt NBC an.

· Law & Order: True Crime Der Ableger der Anwaltserie widmet sich staffelweise einem "wahren Verbrechen", zum Auftakt dem Mord der Geschwister Lyle und Erik Menendez an ihren Eltern. (prie, 9.5.2017)