Mit Android und Chrome OS hat Google bereits zwei eigene Betriebssysteme, unter dem Namen Fuchsia arbeitet man nun an einem dritten. Erstmals vergangenen Sommer öffentlich aufgetaucht, ist die Zielsetzung hinter dem Projekt bisher ein komplettes Mysterium. Die Entwicklung schreitet unterdessen rasch voran, so dass nun auch ein früher Blick auf die grafische Oberfläche möglich ist, wie Hotfix und Arstechnica aufgespürt haben.

Ausprobieren

Armadillo ist jener Name, unter dem Google derzeit mit ersten User-Interface-Ideen für Fuchsia experimentiert. Dass dieses bereits jetzt erkundet werden kann, ist zwei Umständen zu verdanken: Fuchsia ist komplett Open Source, der Quellcode ist also frei verfügbar und wird von den Entwicklern laufend aktualisiert. Zudem basiert die Oberfläche auf Flutter, einem UI-Framework, das auch für Android und iOS verfügbar ist. Entsprechend lässt sich Armadillo auch für diese Betriebssysteme als Paket erstellen und erkunden.

Desktop

In einem Kurztest zeigt sich dabei ein recht modernes, auf Karten basiertes Design, das wie eine Mischung aus Googles Material Design und der Oberfläche von Palms WebOS wirkt. In der Mitte prangt dabei das User-Icon mit Basisinformationen wie Zeit, Ort und Akkustand. Ein Klick darauf offenbart dann diverse Schnelleinstellungen für Bildschirmhelligkeit, WLAN, Do-Not-Disturb-Modus und Co. Auch ein Logout oder Wechsel in den Flugmodus soll an dieser Stelle möglich sein.

Armadillo zeigt schnell seinen experimentellen Charakter.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Am unteren Ende des Homescreens zeigt sich eine Google-Suche samt Suchvorschlägen. Diese kann übrigens auch von jedem App-Bildschirm über eine Swipe von unten aufgerufen werden. Die offenen Apps werden am Startbildschirm als Vorschaukarten präsentiert, ein Klick darauf öffnet sie. Am unteren Ende des Screens gibt es einen Home-Button, links und rechts davon sind Akkustand und Uhrzeit zu sehen. Einzelne Karten lassen sich in der Voransicht mit einem Drag auf einen andere kombinieren, woraus sich eine Split-Screen-Ansicht ergibt.

Experimentell

Bei der Erkundung von Armadillo zeigt sich rasch, dass es sich dabei noch um einen sehr frühen Entwicklungsstand handelt. Nur wenige Bestandteile sind bereits wirklich funktionell, der Großteil besteht aus Platzhalterinformationen.

Zudem muss auch betont werden, dass die Nutzung von Armadillo unter Android natürlich all die Vorteile, die Fuchsia eigentlich bieten soll, unterläuft. Immerhin handelt es sich dabei um ein vollständig neu geschriebenes Betriebssystem, das statt Linux einen eigenen Kernel namens Magenta verwendet (der wiederum eine Erweiterung von Little Kernel ist). Ziel ist es laut Google ein hochperformantes System zu liefern, bei dem sämtliche User-Interface-Arbeiten fix mit 120 Bildern pro Sekunde laufen – dies lässt beim Test auf einem anderen Betriebssystem natürlich nicht so einfach erreichen.

Kyle Bradshaw

Details

Als Sprache für die App-Entwicklung wird bei Fuchsia Googles eigenes Dart verwendet, das ebenfalls auf hohe Performance ausgelegt ist. Allerdings gibt es auch Anbindungen an andere Sprachen wie Javascript, Python oder Rust. Für die nötige Performance soll nicht zuletzt sorgen, dass neben OpenGL auch Vulkan als Grafik-API zur Verfügung steht, das zudem die Basis des Grafik-Renderers Escher bildet, der bei Fuchsia genutzt wird.

Warum?

Bei all dem bleibt weiterhin komplett unklar, was die Intention Googles hinter der Entwicklung von Fuchsia ist. So wäre es durchaus möglich, dass es sich dabei um eine reines Forschungsprojekt handelt. Die rasche Weiterentwicklung sowie der Umstand, dass dahinter prominente Entwickler stehen, die zuvor an BeOS, webOS, iOS und Android gearbeitet haben, verleitet aber zu Spekulationen – und mit einigen scheint da gehörig die Fantasie durchzugehen. So wähnen manche darin bereits einen gemeinsamen Nachfolger für Android und Chrome OS. Und tatsächlich mag es so sein, dass sich Fuchsia in diese Richtung entwickelt, von einem Einsatz in Consumer-Geräten scheint das neue Betriebssystem derzeit aber noch Jahre entfernt. (Andreas Proschofsky, 9.5.2017)