Das weltweit erste 29-Zoll-Downhillbike: das Alutech Sennes, Modell 2017.

Foto: Jörg Wohlfromm

Es genügt nicht, einfach größere Laufräder einzubauen. Alutech hat die Geometrie des Sennes für 29 Zoll komplett überarbeitet.

Foto: Jörg Wohlfromm

Innsbruck – Im Spätherbst des Vorjahrs ließ die kleine, aber feine Bikeschmiede Alutech mit einer Weltsensation aufhorchen. Sie brachten das 2017er-Modell ihres Downhillboliden Sennes mit 29-Zoll-Laufrädern auf den Markt. "Damit waren wir plötzlich weltweit der Hit auf Social Media und in allen Bikemedien", erinnert sich Firmenchef Jürgen Schlender. Während 29-Zoll-Laufräder im Crosscountry-Segment längst zum Standard geworden sind, waren die Big Wheels in der Gravity-Sparte bislang noch verpönt. Vier Jahre lang tüftelte der norddeutsche Konstrukteur Schlender an seiner Weltneuheit, bis er das erste serienreife 29-Zoll-Downhillbike präsentieren konnte. Dazu musste er die Geometrie des Sennes neu berechnen, einfach nur größere Laufräder einbauen sei zu wenig. Neben Alutech hat Intense bereits 2010 einen 29er-Prototypen namens 2951 vorgestellt. Damals noch als reines Experiment. Alutech ging 2016 mit dem 29er-Sennes in Serie, wie Schlender erzählt: "Im Vorjahr war die Zeit am Markt dann reif."

Beim Weltcupauftakt in Lourdes überraschte das Santa Cruz Syndicate mit der 29er-Version des V10.
The Syndicate

Wie recht Schlender behalten sollte, zeigte sich beim Auftakt des Downhill-Weltcups in Lourdes Anfang April. Dort überraschte Santa Cruz mit der neuen Laufradgröße am V10. Und siehe da, die Syndicate-Fahrer dominierten das Qualifying. Die Nagelprobe im Rennen fiel leider buchstäblich ins Wasser. Wegen eines Unwetters war kein echter Vergleich zwischen den Spitzenpiloten mehr möglich. Doch der Zug war längst abgefahren, wie ein Blick auf die British Downhill Series in Fort William am vergangenen Wochenende zeigte. Mehr als 100 Weltcup-Fahrer waren am Start. Teams wie Commencal, Giant, Mondraker und Trek testeten eifrig ihre 29-Zoll-Boliden.

Die Hardware als großes Problem

Schlender beobachtet diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist es eine Bestätigung für ihn, dass 29 Zoll nun bereits zum neuen Standard avanciert. Andererseits hätte er selbst gern früher die Unterstützung der Komponentenhersteller genossen: "Wir von Alutech sind eine Nummer zu klein, um hier ins Gewicht zu fallen." Denn die fehlende Hardware zum Aufbau eines 29er-Downhillbikes war eines der größten Probleme in der Entwicklung: "Manitou hat extra eine Gabel mit 203 Millimeter Federweg für uns gebaut. Allerdings hatte die Upside-Down-Dorado zu viel Flex. Und jetzt in Fort William sah man plötzlich eine Boxxer für 29er. Zu uns sagten die großen Hersteller wie Fox und Rock Shox im Herbst noch, sie sähen keinen Bedarf dafür." Neben den Federelementen waren es vor allem die Laufräder, die eine Herausforderung darstellten: "Es dauerte, bis es 29-Zoll-Räder gab, die steif genug für den Einsatz bei Downhill oder Enduro waren."

Im Fahrerlager wurde die neue Laufradgröße heftig diskutiert.
Red Bull

Die großen Laufräder überzeugen vor allem in der Performance, sagt Schlender: "Unsere Teamfahrer waren durchschnittlich fünf bis sechs Sekunden schneller in den Tests als mit 27,5-Zoll-Rädern." Zudem berichteten die Testfahrer von höheren Kurvengeschwindigkeiten und weniger Ermüdungserscheinungen, weil weniger Schläge weitergegeben werden. "Ich war selbst nie ein 29er-Fan", gesteht Schlender. Aber das erste 29er-Enduro, das Alutech gebaut hat, habe ihn sofort überzeugt: "Am liebsten hätte ich gleich alle unsere Bikes auf 29 Zoll umgestellt." 2016 hat Alutech das letzte Serien-Mountainbike mit 26-Zoll-Laufrädern auf den Markt gebracht. Schlender glaubt, dass diese Größe aussterben wird. 27,5 Zoll werde hingegen erhalten bleiben: "Es kommt auf die Strecken an, und zudem passt 29 Zoll hinsichtlich Körpergröße nicht zu jedem Fahrer."

Wer das Alutech Sennes und andere 29-Zoll-Mountainbikes der Norddeutschen testen will, hat am 10. und 11. Juni bei den Green Days in Nauders Gelegenheit dazu. Dort stehen die Bikes auch Besuchern kostenlos für Testfahrten zur Verfügung. (Steffen Arora, 16.5.2017)