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Auf seiner Gesprächstour zwischen Minoritenplatz und Ballhausplatz sorgte sich der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz auch noch um das Wohl der Exekutive.

Foto: AP/Zak

Koalition einigt sich auf gemeinsamen Neuwahlantrag.

Statement von Alexander Van der Bellen nach einem Treffen mit Christian Kern und Sebastian Kurz.

Montag am frühen Abend ging es Schlag auf Schlag: Die ÖVP gab bekannt, dass sie den Neuwahlantrag der Opposition im Nationalrat "auf jeden Fall" unterstützen werde. Damit ist die Mehrheit für den für Mittwoch angekündigten Neuwahlantrag von FPÖ, Grünen, Neos und Team Stronach jedenfalls sichergestellt. Angepeilt wird eine Wahl am 8. oder 15. Oktober. Der SPÖ blieb daraufhin nichts anders übrig, als diesem Ansinnen ebenfalls zuzustimmen. "Der Vorschlag ist für uns ein guter", erklärte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder.

Hier folgt das Debriefing aus dem Ministerrat.

Der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz gab zuvor noch bekannt, er wünsche sich eine Unterstützung der SPÖ, notwendig war diese aber nicht mehr. Verhandelt wurde darüber den ganzen Tag, am Abend fügten sich die Noch-Koalitionäre dann nicht miteinander abgestimmt den Wünschen der Opposition. Damit dürfte es für den Neuwahlantrag eine Allparteieneinigung geben.

Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern hatte bei einem gemeinsamen Termin mit Kurz diesem noch eine Liste mit zehn Projekten übergeben. Diese Vorhaben seien schon relativ weit vorangeschritten und harrten der Umsetzung – dafür müsse Kurz nun die Verantwortung übernehmen, sagte Kern. Auf der Liste, die der Kanzler vorlegte, stehen etwa die "Aktion 20.000", die Erhöhung der Forschungsprämie, die Bildungsreform und das Primary-Healthcare-Paket.

Kerns Wunschprojekte

Bedingungen kann Kern nach der Einigung mit der Opposition keine mehr stellen, und es erscheint äußerst fraglich, dass all diese zehn Wunschprojekte der SPÖ auch tatsächlich noch umgesetzt werden könnten. Mit der "Aktion 20.000" etwa, einem Jobförderungsprogramm für ältere Arbeitslose, hatte die ÖVP immer Probleme, die nun wohl nicht ausgeräumt sein werden. Aber auch Kurz versichert, in der noch verbliebenen Zeit arbeiten und möglichst viele Projekte umsetzen zu wollen – vor allem jene, bei denen eine Einigung schon fixiert worden war. Die Maßnahmen zur Abgeltung der kalten Progression fallen allerdings nicht darunter, da waren noch Details offen.

Einer wurde am Montag jedenfalls zum Weitermachen verpflichtet, zumindest vorübergehend: Reinhold Mitterlehner macht also doch, was ihm so sehr zuwider war, dass er seinen Job hinschmiss: "Ich bin kein Platzhalter", hatte der Vizekanzler und Wirtschaftsminister noch am Mittwoch bei seiner Rücktrittsrede gesagt. Seit Montagmittag ist aber klar: Mitterlehner behält seine Regierungsämter – zumindest, bis der neue ÖVP-Obmann Kurz einen Nachfolger für ihn gefunden hat. Als Wirtschaftsminister ist Harald Mahrer im Gespräch, laut APA soll Justizminister Wolfgang Brandstetter Vizekanzler werden. Dieser hat dies aber noch am Montag dementiert.

Dank an Mitterlehner

Die Übergangslösung präsentierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach Gesprächen mit Bundeskanzler Kern und Außenminister Kurz am frühen Montagnachmittag.

Van der Bellen sagte, er habe mit Mitterlehner Kontakt aufgenommen, und dieser "hat sich auf mein Ersuchen hin bereiterklärt, erst dann seine Geschäfte zu übergeben, wenn seine Nachfolge geklärt ist", sagte Van der Bellen. "Dafür danke ich ihm." Wie lange Mitterlehner noch weitermachen muss und wer ihm nachfolgt, blieb am Montag unklar.

Zuvor hatte sich Kurz unbeeindruckt gezeigt vom Wunsch des Kanzlers, er solle doch auch gleich das Amt des Vizekanzlers übernehmen. Er "respektiert den Wunsch" Kerns, doch die Entscheidung treffe er – und das erst, wenn die Neuwahl geregelt sei.

Später machte es Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) via ORF-Report sogar zur "Bedingung", dass Kurz das Vizekanzleramt übernimmt, sonst erfolge eine Zusammenarbeit allenfalls im Parlament – über das freie Spiel aller Kräfte. Heute, Dienstag, will Kern um 16 Uhr mit den anderen Parteiobleuten über die möglichen Neuwahltermine sprechen.

ORF


(Sebastian Fellner, Michael Völker, 15.5.2017)