Gute Miene, böses Spiel. US-Präsident Trump und der russische Außenminister Lawrow.

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Einmal mehr sorgen die Verbindungen von US-Präsident Donald Trump zu Russland für Aufregung. Der Geschichte neuestes Kapitel: Trump soll bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und dessen Botschafter Sergej Kisljak streng geheime Informationen über die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) verraten haben. Die USA sollen diese Erkenntnisse von einem befreundeten Geheimdienst erhalten haben – mit dem ausdrücklichen Hinweis, diese nicht einmal an Verbündete weiterzugeben.

Frage: Was soll Trump seinen russischen Gästen denn überhaupt erzählt haben?

Antwort: Der "Washington Post" zufolge berichtete Trump über Erkenntnisse, wonach der IS Anschläge auf Flugzeuge mittels Laptop plane. Der Sicherheitsberater des Präsidenten, H. R. McMaster, bestätigt lediglich, man habe über allgemeine Terrorbedrohungen im Zusammenhang mit Luftfahrt gesprochen. "Zu keinem Zeitpunkt wurden Geheimdienstquellen oder -methoden diskutiert, und es wurden keine Militäroperationen enthüllt, von denen die Öffentlichkeit nicht schon vorher wusste."

Frage: Wer bestimmt, was geheim ist und was nicht?

Antwort: Einfach ausgedrückt: der Präsident selbst. Das System der Geheimhaltungsstufen wird per Executive Order regelmäßig neu skaliert, zuletzt durch Barack Obama 2009. In der aktuellen Fassung besagt diese, dass die Leiter der einzelnen Ministerien und Geheimdienste selbst darüber bestimmen können, was von "ihren" Informationen der Geheimhaltung bedarf. Der Präsident selbst hingegen kann sich über all diese Restriktionen hinwegsetzen.

Frage: Warum darf der US-Präsident das?

Antwort: Weil dem Präsidenten als Oberbefehlshaber Einblick in sämtliche Geheimnisse nationaler Sicherheit obliegt und er jederzeit die Geheimhaltungsstufe heben oder senken kann, wie es ihm beliebt. Da dieses System wie beschrieben per präsidentielles Dekret definiert wird, muss er nicht auf den Kongress Rücksicht nehmen. Sollte er also wie von der "Washington Post" berichtet geheime Informationen an Russland weitergegeben haben, hat er dabei keine Gesetze übertreten. Dies bedeutet aber nicht, dass die Medien deshalb über Details dessen, wovon Trump die Russen in Kenntnis gesetzt haben soll, berichten dürfen. Die Geheimhaltungspflicht besteht weiterhin – nur eben nicht für den Präsidenten.

Frage: Was würde denn passieren, wenn andere eine solche Information preisgeben?

Antwort: Täte ein Beamter dies, würde er wohl seinen Job verlieren. Zudem würde ihm ein Spionageprozess drohen, der ihn für zehn Jahre ins Gefängnis bringen könnte.

Frage: Welche Konsequenzen könnte der mögliche Geheimnisverrat nun zeitigen?

Antwort: Er wäre wohl zumindest ein massiver Bruch der diplomatischen und geheimdienstlichen Gepflogenheiten. Geheimdienste sind darauf angewiesen, dass sie von befreundeten Diensten Informationen erhalten. Geben sie diese ohne Einwilligung weiter, riskieren sie den Abbruch der Beziehungen. Konkret sollen die USA mehrmals davor gewarnt worden sein, die heiklen Informationen weiterzugeben, weil Russland so nur allzu einfach herausfinden könne, wie sie erlangt wurden. (flon, 16.5.2017)