Adieu statt Hellö dürfte es beim ÖBB-Fernbus-Ableger mittelfristig heißen. Mithilfe von Partnern soll die Auslastung der bisweilen spärlich besetzten schwarzen Hellö-Reisebusse erhöht und so der Verlust verringert werden.

ÖBB / Marek Knopp

Wien – Kaum ein Jahr auf dem Markt, zieht die ÖBB bei ihrer Fernbusgesellschaft Hellö die Notbremse. Massive Unterauslastung auf einzelnen Städteverbindungen, die mit den 28 schwarz lackierten Hellö-Reisebussen angesteuert werden, sei der Grund, das Geschäftsmodell zu überdenken, erfuhr der STANDARD von mit dem heiß umkämpften Busmarkt vertrauten Eisenbahnern.

Mittelfristig wolle sich die Staatsbahn aus diesem Reiseverkehrssegment verabschieden, sickerte am Freitag nach einer Krisensitzung durch. "Es geht um einen gesichtswahrenden Rückzug", schildert ein mit der Materie vertrauter ÖBB-Insider unter Verweis auf das unter dem früheren ÖBB-Chef und nunmehrigen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) eingegangene Fernbus-Abenteuer.

In einem ersten Schritt soll das bereits im Jänner erstmals gestraffte Linienangebot weiter gestrafft werden. Darüber hinaus soll ein Kooperationspartner an Bord kommen, um die Fahrgastzahlen nach oben zu schrauben. Einen solchen hat die Bundesbahn laut STANDARD-Recherchen seit Freitag an der Angel: Flixbus, die in München ansässige Reservierungsplattform, die unter der Marke Flixbus europaweit mit lokalen Buspartnern arbeitet, und mit mehr als 80 Prozent Marktführer ist im Fernbussegment. Flixbus übernimmt Vertrieb und Reservierung, garantiert eine bestimmte Auslastung und trägt damit also einen wesentlichen Teil des wirtschaftlichen Risikos.

Kritik an Dumpingpreisen

Bei Flixbus in München wollte man eine Kooperation mit der ÖBB ebenso wenig bestätigen wie bei der ÖBB. Beide Unternehmen wollten keine Stellungnahme abgeben, dementierten aber auch nicht. Da die Busverbindungen nach Berlin und Venedig zu den relativ am besten laufenden zählen, gehen ÖBB-Auskenner davon aus, dass diese ausgebaut werden. Allerdings ist genau hier der Wettbewerb am stärksten. In der Busbranche schäumt man, kritisiert Dumpingpreise durch die Staatsbahn, die so den ruinösen Preiswettbewerb weiter anheize.

Als ausbaufähig schilderte Flixbus-Chef André Schwämmlein vor kurzem das CEE-Netzwerk von Flixbus. Gut möglich also, dass sich Hellö künftig mehr Richtung Süd- und Südosteuropa ausrichtet.

Ob Hellö das weiterhin als eigenständige ÖBB-Tochter tun wird oder als "Intercity-Bus", also eine Art Profit-Center innerhalb des ÖBB-Personenverkehr AG, sei noch nicht endgültig entschieden. Denn abseits von Performance und Strecken geht es innerhalb des ÖBB-Konzerns auch um die gesellschaftsrechtliche Zukunft von Hellö respektive der ÖBB-Fernbus GmbH. Sie schreibe mit neun Angestellten und 28 geleasten Mercedes-Bussen nicht nur horrende Anlaufverluste – die Schätzungen liegen zwischen 5,7 und acht Millionen Euro -, sondern habe auch hausgemachte Schwächen. Das laut Konzernbilanz "eigens entwickelte Vertriebssystem" mit seinen Internetbuchungen funktioniere nicht reibungslos, teilweise müssten die Tickets direkt im Bus verkauft werden, so ein ÖBB-Insider. "Von kostendeckend keine Spur."

20 Passagiere pro Tag und Bus

Auch dazu gibt es von der ÖBB seit Tagen keine Stellungnahme. Der Geschäftsverlauf der Fernbus-Tochter 2016 wird gehütet wie ein Staatsgeheimnis, nicht einmal Passagierzahlen genannt. Die im Jänner stolz genannten 100.000 Passagiere sind – gemessen an 28 Bussen und 180 Tagen Fahrbetrieb seit dem Start am 14. Juli – mit 20 Personen pro Tag und Bus überschaubar. Ein Hellö-Verkauf gilt aufgrund der Überkapazitäten am Markt als schwierig. Wieder verworfen wurde die Idee, den auf Schrumpfkurs geschickten ÖBB-Fernbus in den staatlich finanzierten ÖBB-Postbus (hält zehn Prozent an Hellö) zu verschieben. Dieses Problem ist bis zur Aufsichtsratssitzung im Juni zu lösen. (Luise Ungerboeck, 22.5.2017)