Für ausgesprochen viele Menschen in Österreich ist es eine gefühlte Wahrheit, dass die fetten Jahre im Land vorbei sind. Als Beleg für die negative Einschätzung dienen in Diskussionen gern Statistiken über die Lohnentwicklung der vergangenen 15 Jahre. Statt satter Steigerungen gab es bei den Pro-Kopf-Einkommen Stagnation.

Eine aktuelle Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) wirft nun neues Licht auf diese Entwicklung. Die Löhne der Inländer in stabilen Arbeitsverhältnissen sind inflationsbereinigt seit dem Jahr 2000 um neun Prozent gestiegen. Das ist ein spürbarer Wohlstandsgewinn, besonders wenn man bedenkt, dass die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegsjahre gerade hinter uns liegt. Dagegen spüren die gedämpfte Lohnentwicklung vor allem jene Menschen, die keine stabilen Arbeitsverhältnisse bekommen können oder keine wollen. Neben jungen Österreichern sind das besonders Ausländer, darunter viele zugewanderte Bürger aus den neuen EU-Mitgliedsländern.

Das bedeutet nicht, dass es am österreichischen Arbeitsmarkt keine Verwerfungen gebe, deren sich Politik, Unternehmer und Bürger annehmen müssen. Die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor viel zu hoch, auch wenn die Quote langsam sinkt. Doch die Wifo-Zahlen sollten den Weg für differenziertere Debatten ebnen: Die Unzufriedenheit unter Inländern mit der wirtschaftlichen Entwicklung ist größer, als es relevante Kennzahlen rechtfertigen würden. (András Szigetvari, 26.5.2017)