Schreien reicht nicht – eine Kündigung muss schriftlich erfolgen. Neben dem Übereilungsschutz dienen Schriftformgebote vor allem der Beweissicherung. Weiters sollen die Person des Erklärenden sowie der Inhalt einer Erklärung besonders augenscheinlich gemacht werden.

Illu: istock

Jüngst erregte eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) im Zusammenhang mit der Kündigung eines Mietverhältnisses durch einen Mieter Aufmerksamkeit. Ein solches kann vom Mieter nach Paragraf 33 Mietrechtsgesetz (MRG) nur "gerichtlich oder schriftlich" gekündigt werden. Der OGH entschied, dass einfache, nicht mit elektronischer Signatur versehene E-Mails, mangels Unterschrift nicht dem Schriftformerfordernis des Paragrafen 33 MRG entsprechen. Das Verfassen und Versenden einer E-Mail biete keinen der eigenhändigen Unterfertigung eines Schriftstücks gleichwertigen Übereilungsschutz. Die Kündigung des Mieters war unwirksam. Er musste länger als vermeint seinen Mietzins zahlen.

Wann und warum Schriftform notwendig ist

Auch das Arbeitsrecht kennt viele Schriftformgebote. Am Beginn des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter einen schriftlichen Dienstzettel ausstellen, wenn nicht ohnedies ein schriftlicher Arbeitsvertrag unterfertigt wird. Die Vereinbarung über die Verpflichtung eines Mitarbeiters zum Ausbildungskostenrückersatz muss, um rechtswirksam zu sein, schriftlich sein. Eine gewünschte Elternteilzeit ist dem Arbeitgeber rechtzeitig vorab und schriftlich mitzuteilen. Die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit einer schwangeren oder karenzierten Mitarbeiterin bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Wird bei Teilzeitmitarbeitern das Ausmaß der Arbeitszeit geändert, bedarf auch dies der Schriftform. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer gesetzlicher Schriftformgebote. Zudem sehen auch viele Kollektivverträge und Arbeitsverträge für bestimmte Erklärungen, vor allem aber nicht nur im Zusammenhang mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses, Schriftformgebote vor.

Nach der Rechtsprechung bedeutet ein Schriftformgebot im Zweifel "Unterschriftlichkeit". Neben dem Übereilungsschutz dienen Schriftformgebote vor allem der Beweissicherung. Weiters sollen die Person des Erklärenden sowie der Inhalt einer Erklärung besonders augenscheinlich gemacht werden. Wesentlich ist auch, dass Schriftformgebot nicht gleich Schriftformgebot ist. Jedes Schriftformgebot verfolgt mitunter einen anderen Zweck. Der Zweck ist maßgeblich für die Frage, was passiert, wenn ein Schriftformgebot nicht eingehalten wird. So kann die Nichteinhaltung der Schriftform in einem Fall zur Unwirksamkeit der Erklärung, etwa einer Kündigung, führen, in einem anderen Fall lediglich dazu, dass eine Frist, etwa beim Rücktrittsrecht des Konsumenten, nicht zu laufen beginnt.

Per Kurznachricht gekündigt?

In vielen Bereichen des Arbeitslebens haben die neuen Medien als Kommunikationsmittel Einzug genommen und bestimmen den Arbeitsalltag. Aufgrund der besonderen Interessenlage und zahlreichen Schriftformgebote im Arbeitsrecht musste sich der OGH bereits mehrfach mit Rechtsfragen dazu auseinandersetzen. Besteht ein Schriftformgebot, ist eine Kündigung per SMS oder Whatsapp unwirksam. Dies gilt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. Selbst die Übermittlung eines Fotos des (handschriftlich unterfertigten) Kündigungsschreibens per Whatsapp soll nach OGH nicht genügen. Der anwendbare Kollektivvertrag sah vor, dass eine Kündigung schriftlich erfolgen muss. Eine SMS oder die Übermittlung des fotografierten Kündigungsschreibens per MMS ist demnach unwirksam. Mündliche und auch "fernmündliche" Erklärungen über das Telefon sind bereits nach allgemeinem Verständnis nicht "schriftlich". Mangels eigenhändiger Unterschrift war auch die Auflösungserklärung eines Lehrverhältnisses durch eine SMS nicht ausreichend.

Im Arbeitsrecht wurde bislang die Auffassung vertreten, dass eingescannte Kopien der handschriftlich unterfertigten Originaldokumente, die zum Beispiel als PDF-Dokument im Anhang einer E-Mail versendet werden, Schriftformgeboten entsprechen. Dies wird aus der Entscheidung des OGH zur Whatsapp Kündigung abgeleitet. Die Kündigung per Whatsapp entsprach vor allem deshalb nicht dem Schriftformgebot, weil es für den Empfänger der Nachricht nicht ohne weitere Ausstattungen und technisches Wissen möglich war, das übermittelte Foto des Kündigungsschreibens auszudrucken. Der OGH hob die Bedeutung eines physischen Schriftstücks hervor. Ein solches muss übermittelt werden oder leicht herstellbar sein. Ende 2016 betonte der OGH in einer weiteren Entscheidung zum Arbeitsrecht die Verfügungsmöglichkeit über eine "Hardcopy" des Kündigungsschreibens.

Mit Hardcopies auf Nummer Sicher

Was gilt jetzt für die einfache E-Mail, die wie in der Praxis üblich, nicht dem Signaturgesetz entspricht? Aus der jüngsten Entscheidung des OGH zum Mietrecht folgt wohl, dass eine Kündigung per E-Mail nicht "schriftlich genug" ist. Kündigt der Chef seinen Mitarbeiter per E-Mail ist dies unwirksam. Das gilt auch für den Arbeitnehmer. Rechtsprechung zur Wirksamkeit eines mittels E-Mail übermittelten eingescannten Kündigungsschreibens gibt es nicht.

In Anlehnung an die Rechtsprechung, wonach eine vom Bürgen eigenhändig unterschriebene Bürgschaftserklärung, die per Telefax übermittelt, dem für Bürgschaften gesetzlich ausdrücklich vorgesehen Schriftformgebot entspricht, wird auch ein unterfertigtes Kündigungsschreiben, das als eingespannte Kopie per E-Mail übermittelt wird, allfälligen Schriftformgeboten genügen. Sicher ist dies bis zu einer Klärung durch die Rechtsprechung jedoch keineswegs. Es ist daher Vorsicht geboten. Wichtige Erklärungen, wie Kündigungen, Änderungen des Arbeitszeitausmaßes oder der Antrag auf Elternteilzeit sollten nach wie vor als "Hardcopy" erfolgen. Es spricht aber nichts dagegen, derartige Schreiben vorab per E-Mail zu übermitteln, wenn dieser dann ein physisches Schriftstück folgt. (Jens Winter, 7.6.2017)