Paris/Ankara – Der französische Fotoreporter Mathias Depardon ist nach einmonatiger Haft in der Türkei wieder zu Hause. "Es geht mir sehr gut", sagte der 37-Jährige, der zwar lächelte, aber erschöpft wirkte, am Freitagabend nach seiner Ankunft in Paris. Depardon, der seit fünf Jahren als freier Journalist in Istanbul lebte, war am 8. Mai in Hasankeyf im Südosten der Türkei festgenommen worden.

Der Fotograf arbeitete an einer Reportage für das Magazin "National Geographic". Trotz eines Ausweisungsbescheids saß er einen Monat lang in Gaziantep in Abschiebehaft. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der sich bei seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan für Depardon eingesetzt hatte, zeigte sich erleichtert über die Freilassung.

Der Terrorpropaganda beschuldigt

Die türkischen Behörden beschuldigten Depardon der "Terrorpropaganda" und der Unterstützung von Gruppen wie der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), wie der Fotoreporter nach seiner Landung in Paris sagte. Die Vorwürfe bezogen sich seinen Angaben zufolge auf Fotos aus den vergangenen Jahren.

Die türkischen Behörden warfen Depardon außerdem vor, ohne Akkreditierung in der Türkei gearbeitet zu haben. Er hatte allerdings eine Verlängerung seines Presseausweises beantragt. Depardon warf der türkischen Regierung vor, mit seiner Festnahme ein "starkes Signal" an andere ausländische und türkische Journalisten zu senden, die über den Südosten der Türkei berichten wollen.

Im Hungerstreik

Depardon war zwei Wochen nach seiner Festnahme in den Hungerstreik getreten. Er brach die Protestaktion aber nach knapp einer Woche wieder ab, als die türkischen Behörden ihm einen Besuch von französischen Diplomaten gestatteten. Am Donnerstag hatte er im Abschiebegefängnis von Gaziantep zudem erstmals Besuch von seiner Mutter bekommen. Am Freitag wurde er schließlich ausgewiesen.

Macron äußerte sich "sehr glücklich" über die Entscheidung. Frankreichs Innenminister Gerard Collomb sagte, die Freilassung Depardons sei eine "exzellente Botschaft". Der Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen, Christophe Deloire, bezeichnete Depardons Inhaftierung als "absolut ungerechtfertigt". "Es ist ein verlorener Monat im Leben eines Menschen", sagte er.

Zwei ausländische Reporter ausgewiesen

Die Türkei steht international wegen der Einschränkung der Pressefreiheit und der Verfolgung kritischer Journalisten in der Kritik. In den vergangenen Monaten wurden bereits zwei ausländische Reporter ausgewiesen, der Franzose Olivier Bertrand und der Italiener Gabriele del Grand.

Der deutsch-türkische "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel sitzt seit fast vier Monaten in Istanbul in Haft. Ende April wurde außerdem die deutsche Journalistin Mesale Tolu festgenommen. Yücel werden wegen seiner Artikel in der "Welt" über den Kurdenkonflikt und den Putschversuch im vergangenen Juli "Volksverhetzung" und "Terrorpropaganda" vorgeworfen. Tolu, deren türkischer Mann ebenfalls inhaftiert ist, wird der Verbindung zu verbotenen linken Gruppen verdächtigt.

Laut der Plattform für unabhängigen Journalismus P24 sind derzeit 167 Journalisten in der Türkei in Haft – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Außenminister Mevlüt Cavusoglu warf Anfang der Woche europäischen Geheimdiensten vor, ihre Agenten als Journalisten in die Türkei zu schicken. Der Vorwurf stieß international und in der türkischen Presse auf scharfe Kritik.