Der steirische SP-Landesvorsitzende Michael Schickhofer ist verantwortlich für einen Probelauf zur Rekrutierung neuer Mitglieder für die SPÖ. Die Parteibasis soll, geht es nach Schickhofer, über jede mögliche Koalitionsvariante befragt werden, nicht nur über eine mit der FPÖ.

Foto: APA/Scheriau

Graz/Wien – Auch in der SPÖ sollen neue Zeiten anbrechen. "Es gibt keine Erbpachten mehr, niemand hat ein verbrieftes Recht auf ein Mandat bis ins hohe Alter", postuliert Michael Schickhofer.

Der steirische SPÖ-Vorsitzende und Landeshauptmannstellvertreter ist von Parteichef Christian Kern beauftragt worden, eine Öffnung der Partei zu organisieren. Wie Sebastian Kurz dies für seine ÖVP anstrebt, so soll auch die SPÖ für Nichtparteimitglieder aufgemacht und dabei auf Parteitraditionen verzichtet werden.

Nach Jahren sinkender Mitgliederzahlen und aufgrund des mangelnden Interesses junger politischer Sympathisanten an den alten Parteien – unbürokratische NGOs üben mehr Anziehung aus – sieht sich auch die rote Parteispitze gezwungen, den veralteten Parteistrukturen ein moderneres Outfit zu verpassen und vor allem Möglichkeiten der Partizipation zu schaffen.

Kurz will eine Öffnung über ein stärkeres Durchgriffsrecht des Parteichefs dirigieren. Er will bei der Kandidatenwahl, den Regierungsverhandlungen und der inhaltlichen Ausrichtung der "neuen Volkspartei" die Hauptverantwortung an sich ziehen.

"Wir gehen genau den gegenteiligen Weg, nicht top-down, sondern bottom-up", sagt Schickhofer im STANDARD-Gespräch. Die Öffnung der Partei solle nicht dirigistisch von oben herab organisiert, "sondern als Kultur gelebt werden. Die Menschen wollen etwas beitragen und mitbestimmen, das geht nicht, wenn der Erste etwas vorgibt, und alle müssen sein Wording übernehmen", argumentiert der SP-Landeschef.

Hearing auch für Altgediente

Wie die Öffnung der SPÖ funktionieren könnte, soll in einem Probelauf in der Steiermark ausgelotet werden. Hier läuft etwa gerade ein Kandidatenhearing für die Nationalratswahl. 150 Bewerber, die auch über Inserate gesucht wurden, haben sich für einen Sitz im Parlament gemeldet. Sie alle – darunter auch altgediente Mandatare – müssen sich einem Hearing unterziehen. Ein Gremium aus Vertretern der Mitgliedsorganisation (Frauen, Jugend etc.) und einem Beratungsunternehmen bewertet die Auftritte. "Uns geht es darum, welche Ideen, welches Engagement und welche fachliche Eignung die Kandidaten mitbringen", sagt Schickhofer. Dieses Modell der Kandidatensuche soll jedenfalls in die anderen Bundesländer "exportiert werden".

Bereits angelaufen ist auch die Aktion "Gastmitgliedschaft", mit der ein Jahr lang ohne Beitragszahlung in der SPÖ "geschnuppert" werden kann. Laut Schickhofer haben sich bis dato rund 500 "Probemitglieder" gemeldet.

Plan A als Schiene in die SPÖ

Neue SPÖ-Sympathisanten sollen auch über die "Plan A"-Schiene in die Partei geholt werden. "Wir habe etliche Tausend Anmeldungen von Interessierten, die bei den verschiedenen Themen des Plan A mitmachen wollen", sagt Schickhofer. "Es geht uns darüber hinaus auch darum, dass wir politisch Engagierten die Möglichkeit geben wollen, auf allen politischen Ebenen mitzumachen. Ob das auf Ortsebene ist oder in der Landespolitik oder im Bund. Wir versuchen, die Menschen mit ihren Ideen und Anliegen zum Beispiel mit Nationalratsabgeordneten, mit den Bildungsexperten im Parlament oder auch mit Naturschutzgruppen zu vernetzen."

Angelegt war der Aufbau einer neuen Organisationsstruktur mit dem Zeithorizont der Nationalratswahlen 2018. Schickhofer: "Durch die Vorverlegung sind wir natürlich gezwungen, unsere Pläne neu zu ordnen. Daher sollten wir meiner Meinung nach mit der Wahl sofort unser wichtiges Ziel der Mitbestimmung umsetzen."

Wo soll die rote Basis mitreden dürfen?

Wie auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl will der steirische SP-Chef ein etwaiges Koalitionsprogramm den Parteimitgliedern zur Abstimmung vorlegen. Häupl will dies nur im Fall einer FPÖ-Zusammenarbeit, Schickhofer möchte prinzipiell jedes Ergebnis – auch eines mit der ÖVP – abstimmen lassen.

Der im Burgenland in einer rot-blauen Koalition regierende Landeshauptmann Hans Niessl sagte im Ö1-Mittagsjournal, er möchte die Mitglieder noch vor der Wahl über das Verhältnis zur FPÖ befragen lassen.

Für Verhandlungen nach der Wahl sollen Plan A und der Kriterienkatalog, den Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser federführend formulieren soll, die Basis darstellen. Dieser Katalog und das Modell der Öffnung der SPÖ für Nichtparteimitglieder sollen am Mittwoch in der Parteivorstandssitzung diskutiert und wohl auch beschlossen werden. (Walter Müller, 11.6.2017)