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Leo Varadkar, neuer Taoiseach Irlands.

Foto: REUTERS/Clodagh Kilcoyne

Schwul, mit Migrationshintergrund und für einen Premierminister blutjung. Noch vor 25 Jahren wäre Leo Varadkar (39) als Premier des katholisch geprägten Irland undenkbar gewesen. Und doch ist der jüngste Sohn eines indischen Einwanderers seit vergangenem Sommer "Taoiseach" der grünen Insel. Nun besucht er Wien – als Ehrengast von Bundeskanzler Sebastian Kurz auf dem Opernball.

Varadkar bekannte sich erst 2015 im Zuge des irischen Referendums über die Öffnung der Ehe für alle zu seiner Homosexualität. Er war damals als amtierender Minister einer der prominentesten Fürsprecher des Gesetzes und wollte klare Fronten schaffen. Irland legalisierte dann tatsächlich als erstes Land der Welt per Volksentscheid die Ehe für Homosexuelle, Zeichen eines radikalen gesellschaftspolitischen Wandels im einst tiefgläubigen Land. Varadkar selbst hat die Möglichkeit zu heiraten bisher nicht genutzt. Der studierte Mediziner lebt mit einem Kardiologen zusammen.

Guter Rhetoriker

Schon als Jugendlicher interessierte sich Varadkar, den seine Eltern in eine der besten Privatschulen des Landes schickten, für Politik, schrieb sich bei der konservativen Partei Fine Gael ein. Rasch kletterte der gute Rhetoriker die politische Karriereleiter empor, trat mit 24 Jahren in die Lokalregierung von Fingal County ein und fiel durch Charisma und hohe Beliebtheitswerte auf. 2007, mit 28 Jahren, wurde Varadkar erstmals in das irische Parlament gewählt. 2011 übernahm er bereits das Verkehrsministerium. Darauf folgte das Gesundheitsressort, zuletzt war er für Soziales zuständig.

Als Premierminister Enda Kenny Mitte Mai nicht zuletzt wegen eines Mobbingskandals gegen einen Polizei-Whistleblower die Konsequenzen zog und zurücktrat, bekam Varadkar seine Chance für höchste Weihen. Bei einer parteiinternen Wahl um die Nachfolge von Kenny als Parteivorsitzender setzte sich der Medienliebling gegen den einzigen Gegenkandidaten, Wohnungsbauminister Simon Coveney, durch. Er rutschte damit auch automatisch auf den Posten des Premiers nach.

Nach seiner Wahl gelobte Varadkar, der sich selbst als konservativ-liberal bezeichnet und einer sehr fragilen Minderheitsregierung vorsteht, ein Premier für alle Iren sein zu wollen. Ein Bekenntnis, das er auch während der Zeit der Brexit-Verhandlungen unter Beweis stellen kann. Schließlich geht es auch für Irland beim EU-Austritt des großen Nachbarn um viel. Experten befürchten Nachteile für die stark verflochtene Wirtschaft. Im Herbst geriet seine Regierung an den Rand des Kollaps, erst der Rücktritt von Vizeregierungschefin Frances Fitzgerald, die wegen einer Whistleblower-Affäre unter Druck stand, beendete die Krise. (red, Manuela Honsig-Erlenburg, 8.2.2017)