Sibel Kekilli (Sarah Brandt), Axel Milberg (Klaus Borowski), Stephan A. Tölle (Personalchef Lochner) im letzten gemeinsamen "Tatort".

Foto: ORF/ARD/Christine Schroeder

Was das Timing betrifft – da kann man nicht meckern. Oft sieht man ja im Frühjahr Kommissare an herbstlichen Tatorten ermitteln. Und wenn tatsächlich draußen das Laub von den Bäumen fällt, sprießen in Deutschlands beliebtester Krimiserie gerade die Krokusse.

Am Sonntag aber ist Kieler Woche, und zwar in Wirklichkeit und im Tatort. Doch Windjammerparade und Segelwettbewerbe schaffen es nicht in Borowski und das Fest des Norden. Nur der billige Rummel und die grölenden Besoffenen.

Dazwischen irrt Roman Eggers umher (herausragend gespielt von Misel Maticevic), ein 41-Jähriger ohne Perspektive: keine Wohnung, keine Arbeit, kein Kontakt zu den Kindern, Schulden bei einem zwielichtigen Typen. Bald liegt seine drogenabhängige Freundin erschlagen im Abbruchhaus. "Sie hat ihn genervt", bilanziert Klaus Borowski (Axel Milberg) nüchtern, was Sarah Brandt (Sibel Kekilli) auf die Palme bringt. Überhaupt keifen sich die beiden nur noch an, während sie dem Verzweifelten nachjagen.

Dieser 30. Tatort für Borowski ist eigentlich gar keiner, sondern ein düsterer Film über das Scheitern, in dem auch Tatort-Kommissare vorkommen. Gedreht wurde nach einer Vorlage des schwedischen Krimiautors Henning Mankell. Viele der intensiven Szenen gehen sehr viel mehr unter die Haut als das, was sonst so am Sonntagabend geboten wird: die Verzweiflung, aber vor allem die Gewalt, die aus dieser Tristesse resultiert.

Am Schluss geht Kommissarin Brandt, und man weiß, dass sie nicht wiederkommen wird, weil dies ihr letzter Fall war. Thematisiert wird der Abgang nicht, und das ist nach Tatort-Maßstäben dann doch wieder unbefriedigend. (Birgit Baumann, 18.6.2017)