Roland Fürst, SP-Funktionär und FH-Studiengangsleiter in Eisenstadt, eröffnete seinen STANDARD-Kommentar vom 14/15. Juni 2017 "FPÖ oder Opposition: SPÖ braucht Klarheit" mit der Formulierung, nicht für eine Koalition mit der FPÖ aus der Sicht der SPÖ zu plädieren, um dann genau das zu tun und bei dieser Gelegenheit die Idee von moralischen Diskursen lässig abzutun. Dafür bemüht Fürst naheliegenderweise einen Kalauer des Machiavellismus, wie er in der burgenländischen SPÖ seit Jahrzehnten grassiert, wonach der gute Zweck die Mittel heiligt, weil, wie man glaubt, unmoralische Mittel durch moralische Zwecke gerechtfertigt werden können.

Politische Kultur

Was der Staatsphilosoph Niccolò Machiavelli (1469-1527) aller Wahrscheinlichkeit nach satirisch formuliert hat, um den Herrschaftspraktiken seiner Zeit einen Spiegel vorzuhalten, nimmt Herr Fürst als politische Klugheitslehre für seine Partei und für Politik insgesamt. Doch sind im Denken Machiavellis, wie zahlreiche Forschungen zeigen, gerade die Ideen für eine politisch-moralische Erziehung zentral für die Genese politischer Kultur. Nicht so bei den Fürsten des Burgenlands, das, wenn es nach der politischen Kultur geht, eh noch ein Teil Ungarns ist.

Aus einer Fachhochschule in der politischen Puszta heraus beklagt Studiengangsleiter Fürst das Absandeln Österreichs und verweist auf die Hypo Alpe Adria, während die Ausplünderung der Bank Burgenland als landeseigenes Husarenstück vom Kurzzeitgedächtnis nicht mehr erfasst werden kann und für das Absandeln der Forschung und Bildung im Burgenland gar kein Gedächtnis aufgebracht wird.

Nun, ein Missverständnis gefährdet die Demokratie nicht, außerdem kann man da abhelfen, zum Beispiel, indem man Machiavelli noch einmal liest; kommt aber eine Missachtung von Moral dazu, wird es prekär – und das Plädoyer für mehr Sozialdemokratie in und mit der SPÖ, allenfalls mithilfe der FPÖ, zur Farce.

In politischen Landschaften, in denen sich Bankräuber und Parteisoldaten tummeln, ist es freilich schwierig, Moral hochzuhalten. Deswegen muss man aber nicht gleich politische Theorien imaginieren, welche angeblich Moral aus der Politik verbannen. Wenn Politik und Moral auch verschiedene Dinge sind, heißt das noch lange nicht, dass eines fallen muss, um das andere betreiben zu können. Die wahre Politik, so heißt es bei Immanuel Kant, kann keinen Schritt tun, ohne vorher der Moral gehuldigt zu haben.

In der Abschätzung der künftigen politischen Landschaft in Österreich ist es wohl an der Zeit zu fragen, mit welcher Partei die FPÖ die nächste Regierung bilden wird. Das aber ist weniger eine moralische als eine ästhetische Frage. Wenn uns Friedrich Schiller in seinen Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen sagt, dass über die Schönheit der Weg zur Freiheit führt, dann sind burgenländische Zustände jedenfalls keine schöne Vorlage; denn sie führen in eine Idee des Landes als rundum gesicherter Konzern, nicht aber in die Freiheit, was gerade für Forscher und Lehrer ein Grund zur Besorgnis sein sollte.

Pannonische Praktiken

Das aber liegt weniger an der im Burgenland beiläufigen FPÖ als an den ungebärdigen pannonischen Herrschaftspraktiken der SPÖ (lange im Verband mit der ÖVP), in der man sich die Fehldeutung des Fürstenbildes Machiavellis eingebildet hat.

Das wäre dann der Kern eines burgenländischen Österreich. (Hans Göttel, 16.6.2017)