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Während in Österreich das Thema noch diskutiert wird, hat der deutsche Bundestag am Donnerstag ein Gesetz zur Überwachung von Online-Kommunikation über Messenger-Dienste wie etwa Whatsapp verabschiedet. Die Daten sollen dabei direkt auf den Geräten vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung abgegriffen werden. Dafür müssten die Behörden sogenannte Staatstrojaner auf der Technik installieren. Die Verschlüsselung soll nach Bekunden der Bundesregierung nicht angegriffen werden. Details zu den Plänen in Fragen und Antworten:

Wie wollen die Ermittlungsbehörden die Kommunikation über Messenger-Dienste wie Whatsapp oder Telegramm überhaupt mitlesen, wo diese doch mit Komplettverschlüsselung werben?

Die Übermittlung zwischen Geräten der beteiligten Nutzer ist zwar so verschlüsselt, dass auch die Anbieter keinen Zugriff auf die Inhalte haben – aber die Nachrichten müssen ja auch von den Menschen geschrieben und gelesen werden. Dafür sind sie in entschlüsselter Form auf dem Bildschirm zu sehen – und genau hier wollen die Ermittler die Informationen abgreifen. Das nennt man Quellen-Telekommunikationsüberwachung ("Quellen-TKÜ").

Wie soll das funktionieren?

Mit einem Staatstrojaner, einer Software, die sich heimlich im Gerät einnistet und Daten an ihre Betreiber weitergibt. Technisch gesehen ist es die gleiche Vorgehensweise, zu der auch Online-Kriminelle greifen – nur eben in diesem Fall zur Aufklärung von Verbrechen.

Soll es dabei auch Hintertüren in der Verschlüsselung der Messenger-Dienste geben?

Nein, davon ist in Deutschland nicht die Rede. "Wir wollen, dass Messenger-Dienste eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung haben, damit die Kommunikation unbescholtener Bürger ungestört und sicher ist", betonte Innenminister Thomas de Maizière jüngst in einem Interview.

Was sind die Risiken?

Ein Weg für die Behörden, auf die Geräte zu kommen, wäre, Sicherheitslücken in der Software zu kennen und ausnutzen zu können. IT-Sicherheitsexperten werden nicht müde, zu warnen, dass solche Schwachstellen, die man bewusst bestehen lässt, gefährlich sind – weil sie auch von Kriminellen entdeckt und missbraucht werden können.

Gibt es Beispiele dafür?

Gerade vor kurzem wurde eine ursprünglich von dem US-Abhördienst NSA entdeckte Sicherheitslücke im Windows-Betriebssystem für einen weltweiten Angriff mit dem Erpressungstrojaner "Wanna Cry" ausgenutzt. Sie war nach einem Datenleck bei dem Geheimdienst öffentlich geworden. Die Behörden betonen allerdings auch, das Ausnutzen von Sicherheitslücken sei nicht die einzige Möglichkeit zur Quellen-TKÜ.

Wie stellt man sicher, dass die Ermittler nur wie vorgesehen die laufende Kommunikation mitlesen können?

Dass man die Zugriffsmöglichkeiten schlecht einengen kann, sobald der Trojaner erst einmal auf einem Gerät installiert wurde, ist einer der Einwände von Kritikern des Plans. Ein Richter sei zudem nicht in der Lage festzustellen, ob eine Überwachungsmaßnahme wirklich ausgelaufen sei, warnte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele in der Aussprache im Bundestag. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Pläne als Änderungsvorschlag zu einem langen Gesetz nachgereicht wurden. Der Linken-Abgeordnete Jörn Wunderlich sprach von einem der "invasivsten Überwachungsgesetze der vergangenen Jahre", das noch weiter gehe als der "große Lauschangriff aus den 90ern".

Wie einfach ist es überhaupt, solche Trojaner zu platzieren?

Wie man in PCs eindringt, führen Online-Kriminelle tagtäglich vor. Moderne Smartphones wurden mit einer deutlich stärkeren Architektur versehen. Geräte mit dem meistgenutzten Mobilsystem Android gelten unter Fachleuten als etwas leichter zu hacken, weil noch viele ältere Versionen der Software im Umlauf sind und die Telefone von vielen verschiedenen Herstellern gebaut werden, während Apple bei seinem iPhone Hardware und Software selbst unter Kontrolle hat. Lücken tauchten aber in der Vergangenheit in beiden Betriebssystemen auf. Es gibt einen Markt für solche Schwachstellen, den auch Behörden nutzen. (APA, 23.6. 2017)