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Die Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz legt sich mit Venezuelas Präsident Nicolás Maduro an.

Foto: REUTERS/Carlos Garcia Rawlins

Wie es Venezuelas Regime mit Andersdenkenden hält, hat Luisa Ortega Díaz lange geleugnet – und dann am eigenen Leib erfahren. Jahrelang führte die Generalstaatsanwältin ein bequemes Leben im Windschatten der sozialistischen Regierung und legitimierte die Unterdrückung von Kritikern.

Auserwählt wurde sie einst vom inzwischen verstorbenen Staatschef Hugo Chávez, weil sie als linke Verteidigerin der Menschenrechte galt und 1989 die brutale Niederschlagung der Volksproteste durch die Sicherheitskräfte verurteilt hatte. Doch als sie im April verkündete, die Übernahme der gesetzgebenden Funktion durch das Oberste Gericht breche die Verfassung, wurde sie in den Augen der nun Herrschenden von der Heldin zur Staatsfeindin. Prozesse gegen Oppositionelle landen seither vor Militärgerichten statt auf ihrem Schreibtisch.

Überwachung und eingefrorene Konten

Als "Verrückte", "Nutte", "Faschistin", "Verräterin" wird die 59-Jährige mit der randlosen Brille und den klassischen Blazern jetzt beschimpft. Sie darf nicht ausreisen, ihre Bankkonten sind eingefroren. Sie und ihre Familie würden vom Geheimdienst beschattet, schilderte Ortega Díaz bei einer ihrer Pressekonferenzen, die stets die Alarmglocken im Regierungslager schrillen lassen. Die sachlich auftretende Juristin ist gefährlich für die Machtgelüste der Regierungsclique. Denn die Generalstaatsanwältin ist laut Verfassung die Einzige, die Amtsenthebungsverfahren gegen die übrigen Staatsgewalten einleiten kann: von Richtern bis hin zu Machthaber Nicolás Maduro selbst.

Drei Prozesse hat sie seit April angestrengt: einen zur Annullierung der verfassungsgebenden Versammlung, zwei zur Amtsenthebung von 40 Richtern des Obersten Gerichtshofs, die im Handstreich ernannt worden waren oder Rechtsbruch begangen hatten. "Diese Frau kann einen Bürgerkrieg vom Zaun brechen", warnte der Vizepräsident der Sozialistischen Einheitspartei (PSUV), Pedro Carreño, der vom regierungstreuen Obersten Gericht ihre Amtsenthebung einleiten ließ.

Unklar ist, was die sportliche Frau mit dem blondgefärbten Pagenschnitt zum Bruch mit Maduro veranlasst hat. Ortega Díaz, die von ihren Mitarbeitern und auch von linken Dissidenten unterstützt wird, könnte das Regierungslager auseinanderbrechen lassen. Beim Prozess zu ihrer Entmachtung wirkte sie gefasst – wissend, dass das letzte Wort beim Parlament liegen wird, in dem die Opposition die Mehrheit hat. (Sandra Weiss, 23.6.2017)