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AK-Präsident Rudolf Kaske will, dass Arbeitnehmer stärker vom Aufschwung der Betriebe profitieren

Foto: Reuters/Bader

Wien – Ob Billa, Spar, BMW, OMV, Red Bull, Voest oder EVN: An die 900 große Kapitalgesellschaften in Österreich stehen alle Jahre wieder im Fokus der Arbeiterkammer, die ihre veröffentlichten Bilanzen analysiert und interpretiert. Kritik ist programmiert, diesmal vermissen die Sozialpartner vor allem ein klares Bekenntnis führender Konzerne zum Standort Österreich.

"Die starke Gewinnentwicklung überrascht, wir hätten das so nicht erwartet", sagt Studienautor Markus Oberrauter, der die Kennzahlen der Jahre 2013 bis 2015 unter die Lupe nahm. Er geht davon aus, dass sie im laufenden Geschäftsjahr unter dem Strich noch besser sind, während die Zahl der Unternehmen, die in der Verlustzone stecken, überschaubar sei.

Allein: Das starke Ergebnis finde nach außen hin zu wenig positiven Niederschlag, sei es nun bei den Jobs oder bei Investitionen, bedauert der Arbeitnehmervertreter im STANDARD-Gespräch. "Man hat den Eindruck, die Unternehmer lassen sich alles offen."

Schieflage

Der überwiegende Teil unter ihnen schaffe keine neuen Arbeitsplätze. Die Entwicklung der Löhne wie Gehälter sei mäßig, meint Oberrauter und spricht angesichts der wachsenden Erträge von einer Schieflage. Er hält zudem ständige Klagen der Industrie über hohe Steuerbelastungen für ungerechtfertigt und überzogen.

Im Schnitt müssten große Kapitalgesellschaften in Österreich gerade einmal einen Obolus von 1,3 Prozent ihrer Betriebsleistung an den Fiskus abliefern. "Das sind je 100 Euro Umsatz nur 1,26 Euro", rechnet Oberrauter vor. Von übermäßiger Belastung könne also keine Rede sein.

Für Karl Fuchs, Geschäftsführer des Aktienforums der Industriellenvereinigung, ergibt der Jahresabschluss der Konzerne freilich ein weitaus weniger rosiges Bild. In Summe zeige sich eine leichte Verbesserung, resümiert er. Dass der Markt von großartigen Gewinnen hierzulande überrascht worden wäre, scheint für ihn aber an den Haaren herbeigezogen.

Steuerlicher Wettbewerb

Den Grund, warum viele Unternehmen bei Investitionen abwarten, liege in erster Linie einmal an politischen Rahmenbedingungen, ist Fuchs überzeugt. "Abgesehen vom Beschäftigungsbonus fehlen große Impulse." Was die steuerliche Belastung betrifft, darf Österreich aus seiner Sicht nicht isoliert betrachtet werden. "Wir stehen in steuerlichem Wettbewerb mit anderen Ländern. Hier muss sehr sensibel agiert werden."

Der Arbeiterkammer zufolge sagt der gesetzliche Körperschaftsteuersatz von 25 Prozent in Österreich recht wenig über die tatsächliche Besteuerung aus. Denn durch viele bilanz- und konzernpolitische Maßnahmen – von der Bildung von Rückstellungen bis hin zu Lizenzrechten und Steueroasen – werde der in Österreich zu versteuernde Gewinn auf ein Minimum gedrückt.

Effektiv liege die Steuerbelastung bei nur 19,9 Prozent, betont Oberrauter. "Natürlich gibt es internationalen Steuerwettlauf." Allen voran betreibe die Industrie jedoch "gutes Lobbying".

Liquide und gut gepolstert

Sein Befund im Detail: Großunternehmen blieben 2015 von 100 Euro Umsatz im Schnitt mehr als vier Euro Gewinn und damit spürbar mehr als in den Jahren zuvor. Mehr als ein Viertel der Konzerne verbuchte sogar Ebit-Quoten von 7,3 Prozent. Als geradezu hervorragend stuft er ihre Liquidität ein. Auch die Eigenkapitalpolster seien gut: Die untersuchten 900 Gesellschaften verfügten mit Eigenkapitalquoten von knapp 40 Prozent über ein solides Fundament.

Dennoch wurde gespart: Sachinvestitionen haben sich 2015 auf 4,5 Euro je 100 Euro Umsatz weiter reduziert. Zwar liegen sie klar über der Wertminderung der Anlagen – insgesamt sei die Investitionsneigung aber rückläufig.

Zugleich habe fast die Hälfte der Unternehmer Stellen wegrationalisiert. Neu geschaffen wurden lediglich 6100, das jedoch nur von wenigen Konzernen und "obwohl genug Arbeit da wäre", zieht Oberrauter Bilanz. Er stößt sich einmal mehr an der im Gegensatz dazu freizügigeren Dividendenpolitik. Zwar hätten sich Ausschüttungen an die Eigentümer reduziert. Nach wie vor würden an sie jedoch nahezu drei Viertel der Gewinne abgeführt. Gemessen an den Löhnen und Gehältern erhielten sie mehr als ein Drittel – während die Erhöhungen Ersterer nach Ansicht der Arbeiterkammer mager ausfielen.

Für Fuchs verkennt diese aber, dass an Dividenden auch der Staat und damit die Allgemeinheit mitverdiene. Und sie seien Werbung für Unternehmen, die Geldgeber motiviere. "Investoren sind flexibel. Schraubt man die Dividenden runter, sind viele schnell weg." (Verena Kainrath, 26.6.2017)