Die Bucht von Piran ist einer der strittigen Punkte.

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Wien – Natürlich müsse Kroatien auch als EU-Mitglied Völkerrecht und damit den Schiedsspruch umsetzen, meint der Wiener Rechtsanwalt Filip Boras, ein Experte in Schiedsgerichtsfragen. Doch rechtlich werde es für Slowenien schwierig werden, gegen den Umsetzungsboykott vorzugehen. Eine Klage beim Europäischen Gerichtshof hält Boras für unwahrscheinlich.

"Denn bei der Schiedsklausel, der Kroatien unterliegt, handelt es sich um eine bilaterale Verpflichtung und nicht um EU-Gemeinschaftsrecht. Slowenien könnte höchstens die Fischereirechte, die das EU-Recht betreffen, ins Treffen führen." Boras geht auch nicht davon aus, dass sich EU-Staaten auf Sanktionen gegen Kroatien einigen werden. Vielmehr wird Ljubljana wohl auf diplomatische Unterstützung anderer EU-Staaten und die Hilfe der EU-Kommission als Mediator zurückgreifen.

Indiskretionen abgehört

Der Grenzstreit zwischen den Nachbarstaaten kann sich also noch weiter in die Länge ziehen. Das Argument der kroatischen Regierung, dass man sich wegen des Fehlverhaltens des slowenischen Schiedsrichters nicht an die Entscheidung gebunden fühle, weist Boras zurück. Der Hintergrund: Der slowenische Jurist Jerenej Sekolec, einer der fünf Richter, hatte Informationen aus dem Verfahren einer Beamtin des slowenischen Außenministeriums übermittelt – was er nicht hätte dürfen.

Medien hatten dazu abgehörte Telefongespräche publiziert. Deshalb ist auch davon auszugehen, dass in der gesamten Causa Geheimdienste eine Rolle spielten. In Slowenien vermutet man, dass Kroatien einfach eine Möglichkeit gesucht hatte, auszusteigen, weil Zagreb davon ausgehen musste, den Fall zu verlieren. Sekolec trat jedenfalls zurück, und einer neuer Richter wurde bestellt. Boras: "Rechtlich gibt es deshalb keinen Grund, weshalb Kroatien nicht mehr an die Schiedsklausel gebunden sein sollte." (awö, 29.6.2017)