Die Sozialpartner haben eine Generalvereinbarung getroffen: Der Mindestlohn soll auf 1500 Euro. Es profitieren etwa Friseurinnen.

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Grafik: Beschäftigte unter 1500 Euro Mindestlohn

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Wien – Monatelang wurde verhandelt, am Ende gab es einen klaren Sieger: Die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer haben einen höheren Mindestlohn durchgesetzt. Bei den flexibleren Arbeitszeiten hat man die Wirtschaft auflaufen lassen. Einige Arbeitgeber zeigten sich am Freitag deshalb empört.

Angefressen, wütend und enttäuscht sei er, sagte der Chef des Fachverbands der Metaller, Christian Knill, zum STANDARD. Dabei hielt sich Knill, selbst in der Wirtschaftskammer aktiv, auch nicht mit Kritik an seiner eigenen Organisation zurück. "Es ist mir absolut ein Rätsel, warum man das eine ohne das andere macht."

Das sei das Ende der Sozialpartnerschaft, wie er sie kenne. "Für die Verhandlungen über den Kollektivvertrag im Herbst wird das sicher Konsequenzen haben."

"Waren uns einig"

Auch die Industriellenvereinigung (IV) und die Elektronikindustrie zeigten sich empört. Der Mindestlohn koste die Firmen bis zu 900 Millionen Euro zusätzlich, für die Wirtschaft springe nichts heraus, das sei "unverständlich", sagte IV-Präsident Georg Kapsch.

Aber was ist passiert? Beide Seiten erzählen, die Verhandlungen seien sehr weit fortgeschritten gewesen. "Auf Ebene der Funktionäre waren wir uns einig", sagt ein Vertreter der Wirtschaft. Das Paket sei dann durch die Gremien der Gewerkschaft gegangen und dort wieder aufgeschnürt worden.

Die Arbeitnehmervertreter meinen, die Wirtschaft habe sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. "Sie wollten Zuschläge für Überstunden kürzen", sagt Josef Muchitsch, Gewerkschafter und Sozialsprecher der SPÖ. Die Arbeitgeber haben gefordert, dass Samstags- und Sonntagsdienste in Einzel- statt in Betriebsvereinbarungen geregelt werden, so Muchitsch.

Der Wirtschaftsseite scheinen am Ende die Neuwahlen auf den Kopf gefallen zu sein. Denn als die Regierung noch intakt war, stellten SPÖ und ÖVP den Sozialpartnern ein Ultimatum. Gäbe es Ende Juni keine Einigung, werde man den Mindestlohn per Gesetz erhöhen, das Gleiche gelte für die Flexibilisierung der Arbeitszeiten.

Blockade stand im Raum

So hätte die SPÖ beispielsweise gemeinsam mit der FPÖ den Mindestlohn regeln können. "Das Risiko war da, dass der gesetzliche Mindestlohn kommt", sagt Rolf Gleißner von der Wirtschaftskammer. "Ist er einmal in der Welt, ist die Lohnfindung Spielball der Politik." Deshalb habe man den Mindestlohn am Ende nicht blockiert, obwohl das durchaus im Raum gestanden sei. Bei den Arbeitszeiten werde man aber nicht lockerlassen.

Könnte sich die ÖVP nicht auch eine Mehrheit im Parlament für flexiblere Arbeitszeiten suchen? "Das wäre ein tolles Wahlkampfthema, ein aufgelegter Elfmeter", sagt Josef Muchitsch von der SPÖ. "ÖVP und FPÖ senken den Lohn von 3,5 Millionen Arbeitnehmern. So dumm werden sie nicht sein."

Einzig für die Landwirtschaft gibt es Erleichterungen. Wer kürzer als drei Monate angestellt ist, für den sollen gar keine oder reduzierte Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Aus der Landwirtschaftskammer heißt es dazu: "Das sind meist Osteuropäer, die Erdbeeren oder Gurken pflücken." (Andreas Sator, Nora Laufer, 1.7.2017)