Es ist eines der ganz alten Dilemmata in der Politik: Soll man eine schwache Reform ablehnen, weil sie nicht weit genug geht, oder soll man ihr zustimmen, weil sie besser ist als der Status quo? Die niederösterreichische Landespolitik liefert dazu aktuell ein Lehrbeispiel.

Denn seit Jahren kritisieren die kleinen Parteien feudale Zustände in Niederösterreich: Wegen hoher Hürden im parlamentarischen Prozess kann dort nach derzeitigen Verhältnissen keine Oppositionspartei auch nur einen Antrag auf eine aktuelle Stunde stellen. Ein Untersuchungsausschuss, zentrales Instrument parlamentarischer Machtkontrolle, ist ohne die Stimmen der ÖVP nicht durchzusetzen.

Dieses Erbe des abgedankten Landesfürsten Erwin Pröll will die neue Landeshauptfrau nun geändert wissen: Künftig können – weil FPÖ und Stronach-Überbleibsel mitstimmen – auch kleine Parteien Anträge einbringen, U-Ausschüsse per Minderheitsbeschluss von einem Drittel der Abgeordneten eingesetzt werden.

Doch zu Recht kritisieren die Grünen Lücken hinter der Fassade des Demokratiepakets. Was nützt ein von der Minderheit eingesetzter U-Ausschuss, wenn die Mehrheit kontrolliert, was dort passiert? Niederösterreich macht mit dem Paket zwar einen Schritt in Richtung mehr Demokratie, aber es ist ein hatscherter, den eine konsequente Oppositionspartei nicht mitgehen muss. (Sebastian Fellner, 4.7.2017)