Ednan Aslan, der Autor der Studie zu den islamischen Kindergärten in Wien, weist jegliche Manipulationsvorwürfe von sich.

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"Natürlich gibt es an islamischen Kindergärten viel zu kritisieren", sagt Andrea Schaffar – "aber umso wichtiger wäre es doch zu wissen, was die Fakten sind."

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STANDARD: Religionspädagoge Ednan Aslan sagte, Wiens islamische Kindergärten seien von Salafisten dominiert. Sie haben die Studie analysiert. Lässt sich das herauslesen?

Schaffar: Nein. Das Spannende an der Studie ist, dass es zwar einen kleinen empirischen Teil gibt, aber Behauptungen über Salafisten finden sich erst im Teil, der danach kommt – und das ist einfach geschriebene Prosa. Da hat sich jemand hingesetzt und willkürlich aus Websites oder eigenen Beobachtungen zitiert und die eigene Meinung hingeschrieben. Das hat mit Forschung nichts zu tun.

STANDARD: Das ist bei einem Wissenschafter ein schwerer Vorwurf.

Schaffar: Ja. Ich tue das aber aufgrund meiner methodischen Ausbildung. Aslan ist kein Sozialwissenschafter, sondern Religionspädagoge. Die Sozialwissenschaft hat sich auf bestimmte Methoden verständigt – und da fällt er komplett raus. Ich maße mir nicht an, etwas zur Islampädagogik zu sagen. Hier wurde nicht korrekt gearbeitet. Das fällt allen Sozialwissenschaftern auf den Kopf.

STANDARD: Was kritisieren Sie?

Schaffar: Die Studie hat vor allem methodisch große Mängel. Sie ist intransparent, es wird nicht dargelegt, von welchen Quellen ausgegangen wird, welche Kindergärten ausgewählt wurden. Was jetzt durch den "Falter"-Bericht herausgekommen ist, wundert mich ehrlich gesagt nicht.

STANDARD: Warum nicht?

Schaffar: Wenn so gearbeitet wird, zeigt das, dass es kein wissenschaftliches Arbeitsethos gibt, und dann ist man Interventionen von Auftraggebern gegenüber anfälliger. Ich mache selbst Auftragsforschung – da ist es ganz wichtig, eine Grenze zu ziehen, weil es nicht um Gefälligkeitsgutachten gehen darf. Natürlich gibt es an islamischen Kindergärten viel zu kritisieren – aber umso wichtiger wäre es doch zu wissen, was die Fakten sind.

STANDARD: Aus der Studie geht nicht hervor, mit wie vielen Kindergärten wie viele Interviews geführt wurden. Ist das üblich?

Schaffar: Nein. Es muss transparent gemacht werden, wer warum ausgewählt wurde. Sonst kann das ja niemand nachvollziehen.

STANDARD: Wie würden Sie die Studie benoten?

Schaffar: Wäre es eine Diplomarbeit, wäre sie negativ. Käme diese Arbeit von einem Studenten, würde ich sie zurückgeben und sagen, dass das so nicht geht.

STANDARD: Sie haben Aslans Institut einmal methodologisch beraten. Wie war das?

Schaffar: Zwei seiner Mitarbeiter, die ein Projekt von jemand anderem übernommen hatten, haben mich gebeten, sie zu schulen. Da gab es aber nur einen Termin. Aslan meinte dann, es sei nicht nötig, so sehr in die Tiefe zu gehen. Das war erst der Grund, warum ich mir die Vorstudie angeschaut habe, es hat mich interessiert.

STANDARD: Sie haben bereits an der Vorstudie heftige Kritik geübt. Hatte die Kritik Folgen?

Schaffar: Mir wurde ausgerichtet, dass meine Kritik bei der Erstellung des Forschungsberichts eingeflossen sei. Das Ministerium hätte die Studie aber gar nicht an jemanden vergeben dürfen, der so arbeitet – da hätte es jemanden mit sozialwissenschaftlicher Ausbildung gebraucht. Man hätte wissen können, was da herauskommt.

STANDARD: Es steht im Raum, dass die Studie später umgeschrieben wurde. Kommt das öfter vor?

Schaffar: Das ist ein No-Go. Es wäre gescheit, wenn sich die Universität Wien das genau anschauen würde. Außerdem wusste anfangs niemand, wer die Studie zahlt, dass Sebastian Kurz den Auftrag gegeben hat. Das ist spannend – denn normalerweise ist transparent, wer Forschung finanziert. Meine Unterstellung ist, dass es um Instrumentalisierung von Wissenschaft für politische Zwecke geht – da schaut es einfach besser aus, wenn nicht herauskommt, dass der, der das medial verbrät, es auch finanziert hat. (Maria Sterkl, 6.7.2017)