Normalerweise werden an dieser Stelle Modetrends mit offenen Armen begrüßt. Fast jedes Kleidungsstück hat irgendwann und irgendwo seine Berechtigung. Allerdings lässt ein Spaziergang durch die Wiener Innenstadt Ernüchterung aufkommen. Nicht Hawaiihemden, nicht Badeanzüge, nicht Cowboyhüte sind auf den Straßen zu sehen.

Stattdessen freigelegte Unterschenkel überall – mal blasse Männerbeine mit dunklem Haarflaum, mal stahlharte Radfahrerwaden: Die Sommerhose in Dreiviertellänge, dieses garstige Cargo-Ungetüm mit den unzähligen Seitentaschen, die Uniform von in die Jahre gekommenen Heavy-Metal-Spießern, treibt ihr Unwesen. Das ist einigermaßen erschütternd, denn diese Hose gereicht niemandem zum Vorteil. Sie staucht den Körper zu einer "Quadratisch, praktisch, gut"-Silhouette, zu einem geschrumpften Schatten seiner selbst zusammen.

Nicht nur auf dem Wacken Open Air zu Hause: die gemeine Cargohose in Dreiviertellänge.

Nun werden die Träger und Verfechter dieses Monstrums aufschnauben und im Forum auf die Tasten hauen. Nichts geht über dieses Kleidungsstück, dessen Praktikabilität nun wirklich niemand infrage stellen kann. Die Vorteile der praktischen Cargohose liegen schließlich auf der Hand: Wer ein solches Ungetüm trägt, könnte darin mindestens vier Jausenbrote, zwei Bierdosen, ein Handy, unzählige Schreibutensilien, Kondome oder sonst was transportieren. Könnte – tut aber natürlich niemand. In Wahrheit schlackern die praktischen Taschen nutzlos um die Hosenbeine, mehr Sinnlosigkeit geht kaum.

Dreiviertelhose ist nicht Dreiviertelhose – aber ...
Foto: Imago/ Blickwinkel

Nun ist Dreiviertelhose nicht Dreiviertelhose, werden ihre Befürworter einwenden. Das mag sein. Doch erstens greifen ihre Träger verheerenderweise zu den gleichen Farben (bevorzugt zu Rentnerbeige, Bundesheer-Grün, ausgewaschenem Schwarz), und zweitens werden sie meist mit ähnlich nützlichen Gegenspielern kombiniert.

Den Verfechtern der gekürzten Cargohose sei gesagt: Trekking- oder Altherrensandalen machen die Sache wahrlich nicht besser. (Anne Feldkamp, 13.7.2017)