Logik gegen Konstruktion: Der Terrorismusvorwurf gegen die türkische Zeitung "Cumhuriyet", beruht oft auf absurd anmutenden Behauptungen.

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Istanbul/Athen – Sie mögen eloquent sein, ironisch im Ton, logisch in der Darlegung ihrer Argumente, aber es wird niemals reichen. "Es gibt keine Gleichheit der Waffen. Es ist ein zutiefst unfairer Prozess", sagt schon jetzt Sarah Clark, eine Rechtsexpertin vom Autorenverband PEN International. Die Britin ist eine Beobachterin des Gerichtsverfahrens gegen Journalisten und Manager der türkischen Oppositionszeitung Cumhuriyet in Istanbul.

Drei der Angeklagten haben zum Prozessbeginn am Montag mit Verve ihre Verteidigung vorgetragen – der Kolumnist Kadri Gürsel, der Vizechef der Cumhuriyet-Stiftung Akin Atalay und der Karikaturist Musa Kart. Am Dienstag eröffnete Chefredakteur Murat Sabuncu den Reigen. Noch bis Freitag soll die Anhörung der Angeklagten dauern. Unterstützung einer bewaffneten Terrororganisation lautet die Anschuldigung der Staatsanwaltschaft.

Große Symbolik

Es ist keineswegs das erste Mal, dass türkische Journalisten im autoritär gewordenen Klima ihres Landes wegen ihrer Arbeit strafrechtlich verfolgt werden. Der Prozess gegen 17 führende "Cumhuriyet"-Mitarbeiter und zwei weitere Angeklagte hat aber große symbolische Bedeutung, weil es dieses Mal gegen die wichtigste regierungskritische Zeitung geht.

Der Umstand, dass sich der frühere Chefredakteur Can Dündar – er wurde bereits in erster Instanz wegen Geheimnisverrats in einem Artikel verurteilt und ist hier nochmals angeklagt – nach Deutschland abgesetzt und dort mittlerweile eine gewisse Bekanntheit erlangt hat, verschafft dem "Cumhuriyet"-Prozess noch weitere Publizität. Von anderen derzeit laufenden Gerichtsverfahren wie jenem gegen Ahmet Altan, den langjährigen Chefredakteur der mittlerweile zwangseingestellten Tageszeitung "Tarafund" einen der wichtigsten liberalen Intellektuellen, wird dagegen außerhalb der Türkei wenig Notiz genommen.

Der 67-jährige Altan ist zusammen mit seinem Bruder Mehmet – ebenfalls ein Journalist und ein TV-Moderator – angeklagt, "sublime Botschaften" über die Medien ausgesandt zu haben. Altans furiose Verteidigungsrede vor Gericht im Vormonat nahm bereits die Argumentation der "Cumhuriyet"-Journalisten vorweg. Er prangerte die Absurdität der Anklageschrift an: "Man behauptet, dass wir die Männer kennen, die angeblich die Männer kennen, die angeblich den Putsch organisiert haben."

Verdächtiger Parkettboden

Im "Cumhuriyet"-Prozess kam bereits der Parkettboden im Haus von Stiftungschef Akin Atalay in Istanbul zu Ehren. Atalay hatte laut Anklageschrift den Boden von einem Handwerker erneuern lassen, dessen Sohn Geschäftsverbindungen zu einem Restaurant in Bursa pflegte, welches von einem angeblichen Anhänger der Gülen-Bewegung geleitet wurde. Für die Staatsanwaltschaft ein hinreichender Terrorverdacht. (Markus Bernath, 25.7.2017)