Übergewicht ist die häufigste Ursache für einen hohen Blutdruck bei Kindern.

Foto: APA/dpa/Peter Steffen

Hoher Blutdruck ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung von Arteriosklerose und ihrer gefährlichen Folgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen sowie für das Entstehen eines chronischen Nierenversagens. Das Tückische am Hochdruck, medizinisch auch Hypertonie genannt, ist, dass er oft lange Zeit keine Beschwerden bereitet und deshalb häufig viel zu spät erkannt und behandelt wird.

Dabei kommt hoher Blutdruck heute auch bei Kindern immer häufiger vor, informiert aktuell die deutsche Stiftung Kindergesundheit. Schuld an der besorgniserregenden Entwicklung sind vor allem Übergewicht und Bewegungsmangel.

"Früher galt eine Hypertonie im Kindesalter als eine seltene Erkrankung", berichtet die Münchner Kinder- und Jugendärztin Bärbel Lange-Sperandio. "Am ehesten betroffen waren Kinder mit angeborenen Erkrankungen der Nieren, des Herzens und der Blutgefäße. Daneben gab es seltenere Fälle, bei denen die Ursache Störungen des Hormonhaushalts oder eine familiären Belastung waren."

Kinder sind zu dick

Seit einiger Zeit wird nun auch bei Kindern, die nicht unter derartigen organischen Erkrankungen leiden, immer öfter ein erhöhter Blutdruck diagnostiziert. "Die Erklärung liefert dann die Waage: Die meisten dieser Kinder sind zu dick", so Lange-Sperandio.

Die frühzeitige Diagnose des hohen Blutdrucks ist schon bei Erwachsenen ein großes Problem und bei Kindern erst recht, so die Expertin. Der hohe Blutdruck verursacht im Anfangsstadium kaum Beschwerden und besonders im Kindesalter fehlen die Symptome manchmal völlig. "Die Hypertonie tut nicht weh. Das Kind fühlt sich nicht krank und macht auch keinen kranken Eindruck."

Deshalb bleibe selbst ein massiv erhöhter Blutdruck eines Kindes häufig über lange Zeit unbemerkt. Nur selten geben Kopfschmerzen, Schwindel, Nasenbluten, Ohrgeräusche (Tinnitus), schnelle Ermüdbarkeit oder Schlafstörungen dem Kinder- und Jugendarzt einen Hinweis auf den bestehenden Hochdruck.

Schlaganfallrisiko erhöht

Studien haben gezeigt, dass die Höhe des Blutdrucks in Kindheit und Jugend auch die Entwicklung von Bluthochdruck im Erwachsenenalter maßgeblich beeinflusst. Bei längerem Bestehen kann die Hypertonie Gefäße und Organe des Kindes schädigen. Wird sie nicht behandelt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, schon im jungen Erwachsenenalter an Herz oder Nieren zu erkranken oder einen Schlaganfall zu erleiden. Die "European Society of Hypertension" ESH empfiehlt deshalb, dass Kinderärzte und Hausärzte den Blutdruck ab dem dritten Lebensjahr bei allen Kindern und Jugendlichen regelmäßig kontrollieren sollten.

Bei besonders gefährdeten Kindern muss der Blutdruck sogar häufiger gemessen werden, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Dazu zählen Kinder mit Übergewicht, Kinder mit einem erhöhten Blutfettspiegel, Kinder, in deren Familie hoher Blutdruck gehäuft vorkommt, sowie Kinder, deren Eltern schon vor dem 60. Lebensjahr einen Herzinfarkt oder vor dem 70. Lebensjahr einen Hirnschlag erlitten haben.

Auch das Messen des Blutdrucks gestaltet sich bei Kindern schwieriger als bei Erwachsenen. Lange-Sperandio: "Umfang und Länge der Oberarme sind bei Kindern unterschiedlich und der Kinder- und Jugendarzt muss verschieden breite Druckmanschetten benutzen. Bei unruhigen und schreienden Kindern fallen die Messwerte oft zu hoch aus. Deshalb braucht der Arzt viel Geduld und meistens auch die Hilfe der Mutter. Bei einem verdächtigen Befund muss die Messung mehrere Male wiederholt werden".

Lebensstil ändern

Behandelt wird ein hoher Blutdruck an erster Stelle mit einer Veränderung des Lebensstils, vor allem einer Verringerung des Übergewichts. Die wichtigsten Empfehlungen zur Umstellung der Ernährung lauten: Getränke, Brot, Getreide und Getreideflocken, Kartoffeln, Reis, Gemüse und Obst sollten reichlich verzehrt werden, Milch und Milchprodukte, Fleisch und Wurst sowie Fisch und Eier mäßig, Öle und Fette sowie Salz nur sparsam. Getränke mit hohem Zuckergehalt, wie Limonaden und Colagetränke, "Energydrinks", aber auch unverdünnte Fruchtsäfte sollten gemieden, Leitungswasser bevorzugt werden.

"Besonders wichtig ist auch eine Verbesserung der körperlichen und seelischen Kondition der Kinder und Jugendlichen durch intensive, tägliche Bewegung, mindestens 60 Minuten am Tag", so Lange-Sperandio.

Für die Behandlung des hohen Blutdrucks steht eine Reihe von Medikamenten ("Antihypertensiva") zur Verfügung, die prinzipiell auch bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden können. Die meisten Medikamente gegen Hochdruck sind gut verträglich und bei Kindern und Jugendlichen ebenso effektiv wie bei den Erwachsenen. Sie müssen allerdings meist auf Dauer und mit großer Zuverlässigkeit eingenommen werden. Mit der notwendigen Therapietreue hapert es jedoch oft bei Erwachsenen wie bei Kindern, so die Stiftung Kindergesundheit. (red, idw, 26.7.2017)