Spurensicherung am Tatort: Nach bisherigen Ermittlungen hatte der Mann am Freitagnachmittag mit einem Küchenmesser wahllos auf Kunden eingestochen.

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Hamburg – Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl gegen den Messerangreifer von Hamburg erlassen. Der Verdächtige sitze nun in Untersuchungshaft, sagte die Oberstaatsanwältin der norddeutschen Hafenstadt, Nana Frombach, am Samstagabend.

"Zur Sache hat er sich noch nicht geäußert", sagte Frombach. Aufschluss über das genaue Motiv gebe es deshalb noch nicht. Die Ermittler werteten nun weiterhin die Beweismittel aus, sagte Frombach. Der deutsche Generalbundesanwalt in Karlsruhe prüfe, ob er den Fall an sich zieht.

Zuvor hatte die Polizei in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass der mutmaßliche Attentäter den Sicherheitsbehörden bekannt war. Es habe Anzeichen für eine Radikalisierung gegeben, sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote am Samstag. Der Mann sei als Islamist in die entsprechenden Dateien aufgenommen worden. Man sei aber nicht zu der Einschätzung einer unmittelbaren Gefährlichkeit gelangt.

Bei dem Mann gebe es einerseits Hinweise auf religiöse Beweggründe und islamistische Motive, andererseits auch auf eine "psychische Labilität". Die Polizei gehe bei dem Tatmotiv von einer Gemengelage aus und wisse noch nicht, was letztlich den Ausschlag für den Messerangriff gegeben habe.

Ein Toter

Ein 50-Jähriger starb bei dem Angriff, daneben wurden eine 50-jährige Frau und vier Männer (64, 57, 56, 19) durch Messerstiche zum Teil schwer verletzt. Sie alle sind nach Polizeiangaben Deutsche. Ein 35 Jahre alter Türke wurde zudem bei der Überwältigung des Messerstechers verletzt.

Die bei der verletzten Menschen sind nach den Worten des Innensenators Andy Grote außer Lebensgefahr. Grote rief am Samstag die Bürger der deutschen Metropole auf, dem Hass die Stirn zu bieten und sich nach dem blutigen Angriff nicht von Angst leiten zu lassen.

Der Innensenator sprach von einer "erbärmlichen, verachtenswerten Tat" eines Menschen, der offenbar als Schutzsuchender nach Deutschland gekommen sei. Der Angriff habe die Opfer wie aus dem Nichts getroffen. "Es hätte jeden von uns genauso treffen können", sagte Grote.

Merkel übermittelt Mitgefühl

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Betroffenen des Messerangriffs in Hamburg ihr Mitgefühl übermittelt. Sie trauere um das Todesopfer der "grausamen Attacke", erklärte Merkel am Samstag. Den Verletzten wünschte sie rasche Genesung.

"Die Gewalttat muss und wird aufgeklärt werden", versprach die Kanzlerin. Sie stehe in ständigem Kontakt mit dem deutschen Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), erklärte Merkel.

Abgelehnter Asylwerber

Der mutmaßliche Täter war nach Behördenangaben ein abgelehnter Asylwerber und hätte demnächst ausreisen sollen. Der Täter sei ausreisepflichtig gewesen und habe sich im Ausreiseverfahren befunden, sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am Samstag. Der Mann habe gegen seinen negativen Asylbescheid keine Rechtsmittel eingelegt und auch bei der Organisation von Passersatzpapieren mitgewirkt.

Noch am Freitag habe sich der Mann bei der Ausländerbehörde erkundigt, ob seine Passersatzpapiere eingetroffen seien. "Es war damit zu rechnen, dass diese Papiere demnächst eintreffen würden", sagte Grote. Der 26-Jährige sei auch willens gewesen auszureisen. Hamburgs Polizeipräsident Ralf Meyer sagte, der Mann sei in dieser Hinsicht eine "fast vorbildhafte Person" gewesen.

Seit zwei Jahren in Deutschland

Der Hamburger Innenstaatsrat Bernd Krösser erklärte, der mutmaßliche Angreifer sei 2015 nach Deutschland eingereist. Zuvor habe er Stationen in anderen europäischen Ländern gehabt: in Norwegen, Schweden und Spanien. Über Norwegen sei der Mann im März 2015 nach Deutschland gekommen, zunächst nach Dortmund. Von dort aus sei er im klassischen Asylverteilungsverfahren nach Hamburg weitergeleitet worden. Hier sei er im gleichen Monat eingetroffen und habe schließlich im Mai 2015 einen Asylantrag gestellt.

Nach Angaben der Hamburger Sicherheitsbehörden wurde der Mann in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren und ist palästinensischer Abstammung. Bei seiner Einreise hatte er demnach keine Ausweispapiere bei sich, aber eine Geburtsurkunde. An seiner Identität habe es wegen dieser Urkunde keine Zweifel gegeben, sagte Krösser.

Im November oder Dezember 2016 habe das zuständige Bundesamt den Asylantrag des Mannes abgelehnt. "Seitdem läuft im Grunde genommen das Ausreiseverfahren, das wegen der notwendigen Passersatzpapierbeschaffung bisher nicht abgeschlossen werden konnte." (APA, 29.7.2017)