In diesem Text geht es um die vierte Folge der aktuellen "Game of Thrones"-Staffel – wenig überraschend besteht er nur aus Spoilern. Aber hier ist sie dennoch für alle, die es gerne schriftlich wollen: die SPOILERWARNUNG!

Tycho Nestoris und Cersei besprechen die weitere Zusammenarbeit in King's Landing.
Foto: Sky/HBO

"Kriegsbeute" heißt die Folge, und mit Kriegsbeute steigen wir gleich in die Geschichte ein. Highgarden ist gefallen, und die großartige Olenna Tyrell ist nicht mehr. Wir sehen zu, wie der endlose Wagenzug voller Gold und Ernte sich durch die weite Ebene auf den Weg nach King's Landing macht. Einstweilen sitzt Cersei mit dem aalglatten Banker Tycho Nestoris beisammen, bei dem sie nun die Schulden der Lannisters mit einer einzigen Cash-Zahlung begleichen kann. Der Vertreter der Iron Bank zeigt sich zufrieden und sichert Unterstützung für weitere Projekte der dunklen Königin zu. Sobald das Gold eintrifft, wohlgemerkt.

Im Norden will sich Littlefinger in bewährter Manier bei Bran, dem vermeintlich neuen Lord Stark, einschleimen. Es kommt zum Wiedersehen mit dem schicksalsbeladenen Dolch, der im Prinzip den Krieg der fünf Könige ausgelöst hat. "Chaos ist eine Leiter", zitiert der junge Stark aus der Vergangenheit, und Littlefinger begreift die Gefahr, die von ihm ausgeht – Bran weiß alles, Bran sieht alles. Wenn er sein Wissen über Littlefinger teilt, war es das mit dem Strippenzieher. Doch wie viel Bran ist noch in Bran? Dieser Frage müssen sich alle stellen, denen er in der Vergangenheit lieb und teuer war. Ein Teil von ihm, der Teil, der seine Persönlichkeit ausmachte, ist jenseits der Wand gestorben. Er ist jetzt der dreiäugige Rabe.

Familienbande

Und dann kommt es zu einer lange erwarteten Familienzusammenführung. Arya ist nach Winterfell zurückgekehrt, und man teilt ihre Wehmut, als sie im Hof sitzt, in dem wieder die Wolfsbanner wehen. Es ist Zuhause und gleichzeitig auch nicht. Auch das Wiedersehen mit Sansa ist zunächst angespannt. Kein Wunder, als sie sich zuletzt sahen, waren sie wohlbehütete Kinder, denen ein ganz anderer Lebensweg vorgezeichnet war. Doch anders als sehr viele haben sie nicht nur überlebt, sondern laufend dazugelernt, wenn auch um einen hohen, schmerzhaften Preis. Das Leben hat sie gezeichnet, doch sie leben noch. Die Geschichten, die sie sich über ihren Weg zurück in die Heimat zu erzählen haben, mögen lang und bitter sein, "aber sie sind noch nicht zu Ende".

Auch Aryas Wiedersehen mit Bran verläuft so merkwürdig distanziert wie alle bisherigen Gespräche mit ihm – doch der Dolch gehört fortan Arya und kommt beim Training mit Brienne gleich zum Einsatz. Die Ausbildung bei Syrio Forel, dem Hund und den Faceless Men hat sich gelohnt, Arya ist eine tödliche Gefahr und eine perfekte Kriegerin, wie auch Sansa beim Zusehen besorgt feststellt.

Ist mit der Gesamtsituation unzufrieden: Daenerys.
Foto: HBO/Sky

Zurück auf Dragonstone sieht man Jon tatsächlich für einen kurzen Moment lächeln – ein ungewohnter Anblick. Er hat allen Grund dazu, gibt es doch auf der Insel einen unermesslichen Reichtum an Drachenglas. Und uralte Schnitzereien an der Höhlenwand bestätigen seine Ansicht, dass alle miteinander gegen den gemeinsamen Feind kämpfen müssen. Doch zunächst geht es um Cersei, den unmittelbaren Feind der Drachenmutter. Daenerys hat genug, Tyrions raffinierte Pläne haben – vorsichtig formuliert – nicht funktioniert. Alle Verbündeten sind tot oder in King's Landing gefangen. Wozu hat sie drei Drachen? Sie sollte einfach nach King's Landing fliegen und dort alles abfackeln, zack, fertig. Doch Jon rät davon ab – sie sei nicht besser als die anderen, wenn sie Burgen und Städte niederbrennt und dabei Unschuldige tötet. Er appelliert an ihr gutes Herz – auf das er ihr auch oft genug starrt, wie Ser Davos bemerkt. Doch wie dem auch sei – als Theon wenig später auf Dragonstone eintrifft, um die Königin um Hilfe bei der Rettung seiner Schwester zu bitten, ist diese schon fort. Ausgeflogen.

Feuer und Blut

Gemeinsam mit dem furchterregenden Dothraki-Heer und auf dem Rücken des noch furchterregenderen Drogon überfällt sie die recht unvorbereitete Lannister-Armee, die den Wagenzug eskortiert. Und so bekommt Westeros nach Jahrhunderten wieder zu spüren, was "Dracarys" bedeutet. Drogon spuckt links und rechts Feuer, brennt Soldaten und Kriegsbeute nieder und lässt die Pfeile nur so an sich abprallen.

Drogon in Action.
Foto: HBO/Sky

Doch es gibt ja noch den Skorpion, Qyburns tödliche Drachenarmbrust. Bronn legt an und trifft tatsächlich den Drachen im freien Flug. Man vermeint fast, Fans der Serie laut aufschreien zu hören, als Drogon zu Boden stürzt. Doch Entwarnung: Er ist nur verwundet. Jaime sieht seine Chance gekommen, die Drachenkönigin zu töten, sprintet mit der Lanze auf sie zu – man kann sich nur Tyrions "Du verfluchter Idiot" anschließen –, doch Drogon ist schneller und schickt einen Feuerstrahl in Jaimes Richtung. Bronn rettet ihn in letzter Sekunde und stößt ihn in den Fluss. Zuletzt sehen wir Jaime, wie er von seiner schweren Rüstung ins dunkle Wasser des Blackwater gezogen wird.

Wo stehen wir?

Die Dinge sind in der siebenten Staffel nun endgültig in Bewegung. Beide Königinnen haben ihre Stärke demonstriert, beide haben Schlachten gewonnen und mussten schwere Verluste hinnehmen. "Game of Thrones"-Fans, die ihre Sympathien gleichmäßig über die Familien von Westeros verteilt haben, befinden sich in einem unmöglichen moralischen Dilemma. Es gab in dieser Folge nicht den einen eindeutig bösen Feind wie bei der "Battle of Bastards" oder "Hardhome", gegen den man bequemerweise sein konnte. Stellvertretend für den Zuseher sieht sich Tyrion mit der Frage konfrontiert, welchen Ausgang der Schlacht er sich eigentlich wünscht. Er mag seine Schwester hassen und loyaler Anhänger der Drachenmutter sein, doch offensichtlich wünscht er nicht, dass sein Bruder zu einer menschlichen Fackel wird. Und die tödlichen Kräfte von wilden Reiterhorden und Drachen über der eigenen Heimat entfesselt zu sehen ist noch einmal etwas ganz anderes, als auf einem fremden Kontinent Teil des Geschehens zu sein.

Und dann wäre da noch das Gespräch, das Robert Baratheon mit Cersei damals in Staffel eins führte und das Fans wieder ausgegraben haben. Wie lange wird es dauern, bis sich das Volk von Westeros von einem König abwendet, der sich hinter den Mauern von King's Landing versteckt, während der letzte Targaryen mit einem Dothraki-Heer die sieben Königreiche einnimmt und dabei ein klares Ziel verfolgt? Mal davon abgesehen, dass Cersei in Westeros ohnehin nicht wirklich die Königin der Herzen ist:

ExploreWesteros

Jon und Daenerys verbindet hingegen einiges, sind sie doch beide von ihren Untertanen aus Überzeugung und freien Stücken gewählt worden und nicht aufgrund einer sehr fragwürdigen Erbfolge auf dem Thron gelandet.

Im Norden formieren sich die Starks wieder zu einer – wenn auch stark angeschlagenen – Familie. Wie diese zusammenhalten wird, wenn es hart auf hart kommt, wird sich weisen, es gibt genügend Konfliktpotenzial zwischen den Geschwistern, und Littlefinger wird sicher seinen Teil zu einer möglichen Eskalation beitragen. Doch es besteht auch Hoffnung, immerhin sagt Sansa im Trailer zur aktuellen Staffel: "When the snows fall and the white winds blow, the lone wolf dies, but the pack survives." Also schließt euch bitte zusammen, Stark-Wölfe! Ihr seid es den Fans schuldig.

Und so geht's weiter.
GameofThrones

Welche Fragen sind nach dieser Folge offengeblieben?

Ganz klar – ist Jaime tot? Nachdem er vielleicht noch einiges in der Serie zu erledigen hat – Stichwort "Valonqar" –, ist das eher unwahrscheinlich. Allerdings, lol, handelt es sich um "Game of Thrones". Wie wird die Iron Bank auf die aktuellen Vorkommnisse reagieren? Immerhin ließ sie sich bisher schon einmal davon überzeugen, den amtierenden König zu verraten, um den aussichtsreicheren Kandidaten zu unterstützen. Welche Auswirkungen wird Brans Anwesenheit noch haben? Immerhin weiß er alles, was jemals passiert ist und passieren wird – es wäre also vielleicht eine gute Idee, ihn endlich einmal zu konsultieren. Werden Jon und seine Tante Daenerys bald ein Paar sein? Und was glauben Sie: Wen müssen wir in dieser Staffel noch betrauern? (Anya Antonius, 7.8.2017)