Wien/Burgenland – Sie lugen nach den gleichen Kunden, bewegen sich auf denselben Straßen und Abwegen, platzieren sich im gleichen Segment und sind doch so anders: Honda CRF1000L Africa Twin und BMW R 1200 GS.

Foto: BMW Motorrad

Die beiden Big Enduros wollen der perfekte Begleiter fürs große Abenteuer, sowohl auf der Autobahn als auch im Offroad, sein. Wie gut die GS das kann, das zeigt sich allein daran, dass sie das meistverkaufte Motorrad der Welt mit über 600 Kubikzentimetern ist. Seit inzwischen 36 Jahren gibt es sie, und sie wird mit jedem Modell besser.

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Aber auch die Africa Twin greift auf ein reiches Erbe zurück: 1988 brachte Honda die XRV 650 Africa Twin als Antwort auf die GS von BMW auf den Markt und eroberte mit ihrem V2-Motor sofort die Herzen der Kunden.

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Allein seit 2004, als Honda die Africa Twin einstellte – und BMW den Hubraum in der GS auf 1170 Kubikzentimeter erweiterte und so die erste R 1200 GS vorstellte -, ist viel passiert. Zuletzt etwa die Abgasnorm Euro 4.

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BMW musste schon beim letzten großen Generationssprung den Boxermotor teilweise wassermoderieren, um die vorgegebenen Grenzwerte zu schaffen und gleichzeitig mehr Leistung aus den beiden Zylindern zu holen.

Dank der Vorderradaufhängung Telelever taucht diese Front samt Minikino auch beim harten Anbremsen nicht vor einem weg.
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Honda setzt beim zweiten Anlauf der Africa Twin auf einen 998 Kubikzentimter großen Parallel-Twin. Passt eh besser zum Namen.

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Der immer noch 1170 Kubikzentimeter große Boxer von BMW leistet jetzt 125 PS und drückt ein Drehmoment von 125 Newtonmetern ab. Der Twin in der Honda beißt da mit 95 PS und 98 Nm ab – zumindest beim Mopedquartett. Über zu wenig Schmalz wird auf der Honda aber niemand klagen.

Es ist also eher eine Frage der persönlichen Präferenz, ob man lieber zum Boxer mit dem niedrigen Schwerpunkt greift oder zum schlanken Twin, der einem nicht bei jeder Unachtsamkeit blaue Schienbeine haut.

Doppelkupplungsgetriebe

Der größte Unterschied zwischen unseren beiden Testmaschinen betrifft aber das Getriebe. Die GS hat eine Sechsgangschaltung samt Automat, der einem beim Raufschalten das Kuppeln erspart. Für sportliche Fahrer, die ohnedies ohne Kupplung im Getriebe hakeln, ist das sogar ungut, weil man sich erst daran gewöhnen muss, dass man immer gleich den nächsten Gang reinhaut, wenn man eigentlich nur die Zahnradln vorspannen will.

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Die Africa Twin gibt es ebenfalls mit Sechsgangschaltung, wir griffen aber zur DCT-Version, also zum modernen und kommoden Doppelkupplungsgetriebe.

Inzwischen funktioniert das Getriebe geradezu perfekt. Das Losfahren geht supergeschmeidig, und die Spreizung zwischen den Modi Sport und Drive ist so groß, dass man wirklich immer gern je nach Fahrweise wechselt. Zwar kann man, über Schalter am Lenker, ähnlich den Paddles im Auto, auch manuell schalten, aber notwendig ist das nicht. Spannend ist, wie niedertourig und sparsam die Twin, in der Stadt etwa, im Drive-Modus unterwegs ist, dabei nie ruckelt, fast so, als würde sie mit dem Drehmoment spielen. Und am Berg schaltet man dann natürlich eh auf Sport.

Für Fahrten ins Gelände gibt es auf der Africa Twin rechts einen Schalter, mit dem man das DCT entsprechend vorbereitet.
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Mit dem DCT – auch wenn das einen Offroad-Modus hat – ist die Honda eher auf der Straße daheim. Gerade in der Ausstattung Rallye, in der wir die GS gefahren sind, fühlt sie sich im Gelände besser an, ist die bessere Allrounderin. Sie hat den wartungsarmen Kardan, die Honda bedient das Hinterrad über eine Kette.

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Bei den Themen Windschutz, technischer Schnickschnack wie komplettes Mäusekino, das bis auf den Kontostand wohl alles darstellen kann, und schlüsselloses Starten geben sich beide keine Blöße. Dabei weiß man aber auch gleich, dass einem beim Blick in die Preisliste leicht schwindlig werden kann.

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Die Africa Twin gibt es ab 15.190 Euro, mit DCT kommt sie auf 16.490 Euro. Da bekommt man bei BMW eine aufgemascherlte 800er GS Adventure, die 12er GS legt aber erst bei 18.300 Euro los. (Guido Gluschitsch, 11.8.2017)