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Gegner und Unterstützer von Donald Trump in New York. Der US-Präsident hat mit verharmlosenden Worten im Zusammenhang mit der rechtsextremen Gewalt in Charlottesville erneut für Kritik gesorgt.

Foto: AP/Craig Ruttle

Es sollte ein kurzer Auftritt im goldglänzenden Foyer seines New Yorker Hochhausturms werden. Ein paar Sätze zum Straßenbau, zur Infrastruktur, zu beschleunigten Genehmigungsverfahren, mehr wollte Donald Trump eigentlich nicht sagen. Der Reformer, der im Dschungel der Bürokratie die Axt anlegt, so gedachte er sich zu präsentieren. Dann aber fragen Reporter nach Charlottesville, nach dem Aufmarsch von Rassisten. Und Trump redet frei von der Leber weg.

Er lässt keinen Zweifel daran, was er wirklich denkt, wenn er nicht vom Teleprompter ablesen muss, was ihm aufgeschrieben wurde. "Rassismus ist böse", hatte er noch am Montag erklärt, auf Anraten enger Vertrauter, etwa seiner Tochter Ivanka, denen nicht entgangen war, für welche Irritationen die laue Stellungnahme sorgte, die er kurz nach den Ausschreitungen abgegeben hatte. Das staatsmännische Statement, lässt er tags darauf erkennen, war nur eine kurze Episode. Trump stellt die rechten Fanatiker, die in die Fünfzigtausend-Einwohner-Stadt in Virginia gekommen waren, um zu provozieren, auf eine Stufe mit linken Demonstranten, die ihnen die Stirn boten.

"Okay, was ist mit der 'Alt Left', die angegriffen hat?", fragt er ungeduldig zurück, als ihn ein Journalist mit Worten des Senators John McCains konfrontiert, der die rechtsextreme Alt-Right-Bewegung ohne Abstriche für die Gewalt verantwortlich macht. "Moment einmal, was ist mit der 'Alt Left', die auf die 'Alt Right', wie Sie sie nennen, zugestürmt ist? Zeigen die so etwas wie Schuldgefühle? Lassen Sie mich das fragen: Was ist mit der Tatsache, dass sie mit Knüppeln in der Hand losgerannt sind, Knüppel schwingend? Haben die ein Problem? Ich finde, das haben sie." Beide Seiten, sagt Trump, seien schuld. Den Begriff "Alt Left", alternative Linke, streut er als neue Wortschöpfung.

"Nicht alle Neonazis"

Kurz darauf verteidigt er die Gruppen, die sich in Charlottesville versammelten, um gegen den Abriss eines Reiterdenkmals des Generals Robert E. Lee, des Kommandanten der Bürgerkriegsarmee der Südstaaten, zu protestieren. "Nicht alle diese Leute waren Neonazis, glauben Sie mir. Bei weitem nicht alle diese Leute waren weiße Überlegenheitsfanatiker." Diese Woche, fügt er hinzu, müsse Lee weichen. "Und ich frage mich, ist nächste Woche George Washington dran? Und in der Woche darauf Thomas Jefferson?"

Der Applaus aus der rechtsradikalen Ecke lässt nicht lange auf sich warten. Kaum hat Trump seinen bizarren Auftritt beendet, schreibt David Duke, ein früherer Anführer des Ku-Klux-Klans, auch schon via Twitter: "Danke, Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkeit und den Mut, die Wahrheit zu sagen und die linken Terroristen zu verurteilen." Umso heftiger ist der politische Sturm der Entrüstung, auch in den Reihen der Regierungspartei. Zumal der Staatschef verschwieg, was die Spannungen in Charlottesville erst richtig angeheizt hatte: Am Freitagabend waren Neonazis mit brennenden Fackeln über den Campus der Universität gezogen und hatten rassistische, antisemitische Parolen skandiert.

Kritik von Republikanern und Kozernchefs

Überlegenheitsdünkel sei widerlich, Engstirnigkeit widerspreche allem, wofür die USA stünden, mahnt Paul Ryan, der Sprecher des Abgeordnetenhauses. Der Präsident müsse die Dinge beim Namen nennen, es handle sich um einen Terrorangriff weißer Fanatiker, so Marco Rubio, der konservative Hoffnungsträger aus Miami. Die beiden früheren US-Präsidenten George H.W. Bush und George W. Bush erklärten am Mittwoch gemeinsam, die USA müssten "rassistischen Fanatismus, Antisemitismus und Hass immer und in jeglicher Form zurückweisen".

Richard Trumka, Chef des Gewerkschaftsdachverbands AFL-CIO, verabschiedete sich aus Protest aus einem Beratergremium des Weißen Hauses, dem Strategic and Policy Forum. Zuvor hatte bereits eine Reihe von Topmanagern den American Manufacturing Council verlassen. Trump twitterte daraufhin, er habe beide Gremien selbst aufgelöst. (Frank Herrmann aus Washington, 16.8.2017)