Pflegerisches Engagement wird bei Frauen womöglich als "normal" eingestuft, vermuten die Studienautoren.

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Kümmern sich ältere Erwerbstätige um ihre pflegebedürftigen Eltern, geht das häufig zu Lasten ihrer Berufstätigkeit. So sinkt für Frauen, die ihre Eltern im vergangenen Jahr erstmals pflegten, die Beschäftigungswahrscheinlichkeit um 7,2 Prozent. Zieht sich die Pflegetätigkeit über einen längeren Zeitraum, reduziert sich die Beschäftigungswahrscheinlichkeit noch um 4,5 Prozent. Bleiben pflegende Frauen weiterhin berufstätig, reduzieren sie ihre Arbeitszeit um durchschnittlich 12,4 Prozent. Das sind die Ergebnisse einer aktuelle Studie des deutschen Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zu den längerfristigen Folgen für die Arbeitsmarktsituation von Pflegenden.

Für Männer sind die Auswirkungen auf die Beschäftigungswahrscheinlichkeit sogar noch größer. Wenn sie über einen längeren Zeitraum pflegen, sinkt ihre Beschäftigungswahrscheinlichkeit um 11,8 Prozent. Diejenigen, die weiterhin berufstätig sind, reduzieren allerdings ihre Arbeitszeit in der Regel nicht.

Für die stärkeren längerfristigen Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation pflegender Männer gibt es aus wissenschaftlicher Sicht zwei mögliche Erklärungen. "Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit und schaffen nach einer Pflegephase dort leichter wieder den Einstieg" erläutert Dörte Heger, Mitautorin der Studie. Eine zweite mögliche Erklärung ist, dass das pflegerische Engagement von Frauen von Arbeitgebern als "normal" wahrgenommen wird. Bei Männern gilt es hingegen unter Umständen als Beweis für schwächer ausgeprägtes berufliches Engagement.

Zahl der Pflegebedürftigen steigt

Grundlage der Studie sind Daten aus dem "Survey for Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE)" aus dem Zeitraum 2004 bis 2015. Der Datensatz umfasst die Bevölkerung ab einem Lebensalter von 50 Jahren in Europa und Israel. Er ist der erste mit umfassenden gesundheitlichen und sozio-demografischen Informationen von über 50-Jährigen auf europäischer Ebene. Für die Studie umfasste die Stichprobe knapp 8.000 Frauen und gut 6.500 Männer im Alter zwischen 50 und 70 Jahren.

Durch die häufig als "demographischer Wandel" umschriebene Alterung der Gesellschaft wird das Thema Pflege in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Um die bessere Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege zu ermöglichen und die negativen Folgen für Pflegende abzumildern, sind in zahlreichen Ländern bereits Möglichkeiten für "Pflege-Auszeiten" geschaffen worden. (red, idw, 18.8.2017)