Zahlreiche "hochseriöse Einrichtungen" wie Wirtschaftskammer, Richtervereinigung, Universitäten, OGH und Rechtsanwaltskammer warnen vor dem Paket, so Jarolim.

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Wien – Die ÖVP dürfte ihr "Sicherheitspaket" in der gewünschten Fassung vor der Wahl nicht durchbringen. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim fühlt sich angesichts vieler "niederschmetternder" Begutachtungsstellungnahmen "eindrücklich bestätigt" in seinen Befürchtungen bezüglich der von Justizminister Wolfgang Brandstetter vorgeschlagenen Überwachung der Internetkommunikation und der von Innenminister Wolfgang Sobotka gewünschten Sicherheitsforen. Diese Projekte kämen für ihn nicht infrage, er schicke sie "zurück an den Start". Bei anderen Punkten könne man reden und versuchen, sinnvolle Regelungen zu finden, sagte Jarolim.

Sicherheit und Schutz vor Terrorismus

"Wir alle wollen Sicherheit und Schutz vor Terrorismus, und das mit den schärfsten Waffen. Aber solche gegen die Terroristen und nicht gegen die österreichische Bevölkerung", merkte er dazu an. Es sei "verantwortungslos, im Rahmen des Wahlkampfs mit vorgegaukelten Scheinlösungen und obskuren Vorschlägen die Bevölkerung über ganz wesentliche Umstände wie unsere Sicherheit täuschen zu wollen". Zahlreiche "hochseriöse Einrichtungen" wie Wirtschaftskammer, Richtervereinigung, Universitäten, OGH und Rechtsanwaltskammer hätten in der Begutachtung eindringlich vor diesem Vorhaben gewarnt.

Sogar die für ihre Zurückhaltung bekannte Richtervereinigung habe den Vorschlag für Sicherheitsforen – "in Fachkreisen als 'Blockwartsystem' bekannt" (Jarolim) – als "unausgegoren", "vehement abzulehnen" und "völlig unzureichend" bezeichnet. Es habe viele fassungslos gemacht, dass Privatpersonen bei von ihnen vermuteten "Verdachtslagen" von der Polizei Auskünfte über persönliche und streng geschützte Daten von Bewohnern aus dem Umfeld erhalten sollen. Das sei, meint Jarolim, "eine groteske Idee zur Privatisierung unserer Polizei" – anstatt endlich die nötigen personellen Verstärkungen sicherzustellen.

"Blankoscheck für die Zukunft"

Einem "Blankoscheck für die Zukunft" käme Brandstetters Vorschlag zur Überwachung von Whatsapp oder Skype mittels einzuschleusender Software gleich, kritisierte Jarolim: Es sei "grotesk, ein völlig unausgegorenes und aktuell technisch nicht umsetzbares Projekt zwei Monate vor der Wahl mit einem Inkrafttreten zwei Jahre nach der Wahl zu fordern". Die Überwachung der Internetkommunikation sei nötig, betonte der SPÖ-Justizsprecher. Aber solch ein "international dringendes Problem" müsste in Zusammenarbeit mit europäischen und internationalen Instanzen angegangen werden und nicht "in etwas provinziell anmutender Eigenregie".

Sobotka reagiert

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist bereit, "sinnvolle Änderungen" in den Entwurf zum Sicherheitspaket einzuarbeiten – und zwar jene, die in den "wenigen inhaltlichen Stellungnahmen" der Begutachtung enthalten seien. Das werde man auch "gemeinsam mit der SPÖ besprechen", erklärte er am Mittwoch in einer Stellungnahme zur teilweisen Ablehnung des Pakets durch Hannes Jarolim. Sobotka äußerte dennoch die Hoffnung, dass "auch die SPÖ die Notwendigkeit von raschen Maßnahmen erkennt". Mit Hinweis auf nötigen Schutz der Bevölkerung vor "Terror in Europa" und "Schwerkriminellen" warb der Innenminister einmal mehr für "zeitgemäße Instrumente" für die Polizei. Denn: "Ich möchte mir später nicht vorwerfen, dass man nicht alles versucht hätte." (APA, 23.8.2017)