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Ihre Geschäfte beschäftigen das FBI: der Diamantenhändler Beny Steinmetz, Guineas Ex-Minister für Minen Mahmoud Thiam und der Geschäftsmann Sam Pa, ein ehemaliger Mittelsmann Chinas in Afrika.

Foto: Okan Ozer/Anadolu Agency/Getty Images

Wien – Mahmoud Thiam, der Ex-Minister aus Guinea und Ex-Banker aus Manhattan, war sich seiner Sache sicher. So sicher, dass er nicht untertauchte, nachdem er das Bestechungsgeld in Höhe von 8,5 Millionen US-Dollar erhalten hatte. Er machte sich ein schönes Leben. Thiam erwarb ein Penthouse in der Nähe von New York für 1,5 Millionen Dollar. Er machte teure Ski-Urlaube, schickte seine Kinder auf Privatschulen und kaufte ein Steinway-Piano.

Sechs Jahre lebte Thiam dieses Leben, bis am 13. Dezember 2016 FBI-Beamte ihn verhafteten. Dann ging alles schnell: Im Jänner 2017 wird er angeklagt. Er soll die Rohstoffvorkommen seines Geburtslandes Guinea illegal an ein chinesisches Unternehmenskonglomerat verscherbelt haben. Im Mai dieses Jahres wird Thiam von den Geschworenen der Bestechung und Geldwäsche für schuldig befunden. Am Freitag wurde in New York das Strafausmaß von sieben Jahren Haft verkündet.

Rolle in Korruptionsaffäre

Der verurteilte Minister spielt aber auch eine wichtige Rolle in der Korruptionsaffäre rund um den Geschäftsmann Beny Steinmetz. Der Israeli wurde vergangene Woche unter anderem mit einem seiner Partner, Tal Silberstein, verhaftet. Beide kamen inzwischen unter Auflagen frei. Die Affäre schlug hohe Wellen in Österreich, weil Silberstein Kanzler Christian Kern beraten hatte.

Doch bis heute ist nicht ganz geklärt, was die Justiz der Gruppe um Steinmetz – für sie gilt die Unschuldsvermutung – vorwirft.

Gerichtsunterlagen und Aussagen von FBI-Ermittlern im Zusammenhang mit der Verurteilung von Mahmoud Thiam geben neuen Einblick in die Causa. Die Dokumente, in die DER STANDARD Einsicht nahm, zeigen zudem, mit welchen Methoden ausländische Konzerne versuchen, an Rohstoffvorkommen in Afrika zu gelangen.

Ex-Minister und Ex-Banker Mahmoud Thiam
Foto: Youtube

Die Geschichte rund um Mahmoud Thiam und Beny Steinmetz beginnt im Dezember 2008. Damals stirbt Guineas Langzeitdiktator Lansaná Conte. Nach einem Putsch kommt daraufhin für zwölf Monate eine Militärjunta an die Macht. Die Generäle suchen für ihre Regierung zivile Vertreter und werden mit Mahmoud Thiam fündig. Er war als Kind mit seiner Familie aus Guinea in die USA ausgewandert. Er absolvierte ein Wirtschaftsstudium und arbeitet als hoher Vertreter bei der Schweizer UBS-Bank in New York, als die Generäle ihn einladen, in Guineas Hauptstadt Conakry zu kommen. Thiam willigt ein. Er wird Minenminister.

In Guinea beschäftigt sich Thiam in den folgenden Monaten mit zwei großen Deals. Einer betrifft die Beny Steinmetz Group Resources (BSG). Das Unternehmen hat kurz zuvor eine Lizenz für den Abbau von Eisenerz in Guineas Simandou-Region erhalten. Eisenerz ist der Basisstoff für die Stahlerzeugung. Stahl wird beim Haus- und Brückenbau ebenso eingesetzt wie bei der Herstellung von Autokarosserien und Pipelines. Eisenerz ist somit einer der wichtigsten Rohstoffe für die industrialisierte Welt.

Angst um die Lizenz

Nicht die Militärjunta, sondern der verstorbene Diktator hatte der Steinmetz Group die Rechte an den Minen übertragen. Wie aus den FBI-Unterlagen hervorgeht, fürchtete BSG deshalb, dass die Militärs es sich anders überlegen und die Eisenerzlizenz zurücknehmen.

Das FBI verdächtigt Steinmetz, Bestechungsgelder an Thiam und über ihn an Vertreter der Junta ausbezahlt zu haben, um das zu verhindern. "Ich habe erfahren, dass Thiam einen Regierungskollegen (...) im Auftrag der BSG bestochen hat", gab ein FBI-Agent im Zuge des New Yorker Strafverfahrens zu Protokoll. Hinzu kamen Gefälligkeiten: Die Steinmetz Group soll Thiam einen Flug von Istanbul nach Hongkong für 10.000 Dollar bezahlt haben.

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Diamanten- und Rohstoffhändler Beny Steinmetz
REUTERS

Der Staat Guinea geht mit seinen Vorwürfen einen Schritt weiter: Laut einem Artikel des New Yorker sagten Vertreter der Regierung in Conakry heute – das Land ist inzwischen demokratisch regiert -, Thiam habe als "Zahlmeister" für Steinmetz fungiert. Er soll Geldkoffer am Flughafen abgeholt und die Dollars an Ministerkollegen verteilt haben. In einem Verfahren vor der Weltbank in Paris behaupten Anwälte Guineas zudem, dass BSG auch für andere Flüge Thiams – nach Paris, London und Tel Aviv – zahlte. In Israel soll Thiam an der Hochzeitsfeier von Steinmetz' Tochter teilgenommen haben.

Ein Sprecher von BSG weist alle diese Vorwürfe gegenüber dem STANDARD vehement zurück. Der Konzern sei Opfer einer "internationalen Verschwörung", an der auch das aktuelle Regime Guineas beteiligt sei. Man habe keine illegalen Zahlungen geleistet, im Gegenteil, man habe sich geweigert, die heutige politische Führung in Guinea zu bestechen, weshalb nun eine Art Hexenjagd veranstaltet werde. BSG verweist zudem darauf, dass vom FBI bis dato keine Anklage gegen Steinmetz erhoben wurde und sich die Vorwürfe nicht bewahrheitet haben.

Die China-Connection

Die Vergehen, für die Thiam in New York angeklagt und verurteilt wurde, waren tatsächlich nicht jene in Bezug auf die Steinmetz Group. Die Verurteilung steht in Zusammenhang mit einem Firmenkonglomerat unter Leitung eines Geschäftsmannes namens Sam Pa, der zur gleichen Zeit in Guinea tätig war wie Steinmetz. Über Pa ist wenig bekannt. Die Financial Times berichtete vor einiger Zeit, dass Pa als ein Mittelsmann für China fungierte, um für das Land Rohstoffvorkommen in Afrika zu erschließen.

Seit seinem Aufstieg von einem Entwicklungsland zu einer der größten Volkswirtschaften der Welt ist China ständig auf der Suche nach Rohstoffen für seine Industrie. In den vergangenen Jahren haben chinesische Unternehmen ihre Aktivitäten in Afrika massiv ausgebaut – oft zum Ärger anderer Rivalen wie der USA. Die oft bitterarmen Entwicklungsländer hoffen darauf, dass die Geldgeber in Infrastruktur investieren und Arbeitsplätze schaffen.

Konten in Hongkong

Der chinesische Geschäftsmann Pa war neben Guinea in Angola, Nigeria und Simbabwe aktiv. Das FBI konnte nachweisen, dass Pa die 8,5 Millionen Dollar auf Konten Thiams in Hongkong überwies. Von dort ging das Geld in die USA. Bei den involvierten Banken, HSBC und JPMorgan Chase, erweckten die erfundenen Geschichten über die Herkunft der Mittel keinen Verdacht.

Zweck der Zahlungen: Die Chinesen schlossen mit der Militärjunta über die Vermittlung Thiams einen für sie lukrativen Vertrag, der Guinea die Souveränität über seine Rohstoffvorkommen genommen hätte. Die chinesischen Firmen hätten exklusiven Zugriff auf Gold-, Öl-, Eisenerz- und Bauxitvorkommen erhalten. Das FBI sagt, dass Thiam im Auftrag der Chinesen denselben Regierungskollegen bestach wie im Auftrag der Steinmetz-Gruppe.

Ermittlungen gibt es zudem in der Eisenerz-Causa gegen den Rivalen der Steinmetz Group, den zweitgrößten Rohstoffkonzern der Welt, Rio Tinto. Das britisch-australische Unternehmen war Alleineigentümer der Eisenerzlizenzen in Simandou, bis der Steinmetz Group die Hälfte übertragen wurde.

Auffällige Zahlung

Im vergangenen Jahr entließ Rio Tinto zwei Topmanager. Im Zuge einer internen Untersuchung war eine Zahlung über 10,5 Millionen Dollar aufgefallen. Das Geld war 2011 an einen französischen Berater von Guineas heutiger Regierung geflossen, möglicherweise um eine Entscheidung bezüglich Simandou zu beeinflussen. Das Unternehmen informierte die Behörden. Seit Mai ermittelt die britische Antikorruptionsbehörde SFO gegen Rio Tinto.

Aus keinem der erwähnten Geschäfte ist etwas geworden. Der Steinmetz-Gruppe wurden die Rechte an Simandou nach dem Sturz der Militärjunta entzogen. Zeitgleich wurden auch die Abkommen der chinesischen Investoren hinfällig. Sam Pa wurde in Peking verhaftet. Unklar ist, was aus ihm geworden ist. Rio Tinto hat seine Anteile in Simandou 2016 an die chinesische Sinalco-Gruppe verkauft. Begründung: Der Eisenerzpreis am Weltmarkt sei so stark gefallen, dass sich ein Abbau in Simandou nicht rentieren würde.

Straßenszene in Guineas Hauptstadt Conakry. Die New Yorker Staatsanwaltschaft verlangt eine harte Strafe für Mahmoud Thiam. Begründung: Er habe mit Guinea eines der ohnehin ärmsten Länder der Welt geschädigt. (András Szigetvari, 26.8.2017)