Dönmez kritisiert den ORF.

Foto: apa/Herbert Pfarrhofer

Wien – Vor dem letzten ORF-"Sommergespräch" mit Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern gerät auch der ORF selbst immer mehr in den Wahlkampf. Aus der ÖVP kommt Kritik an einem angeblichen Naheverhältnis zwischen Kanzler Kern und "Zeit im Bild"- und "Sommergespräche"-Moderator Tarek Leitner. Der ORF und Leitner, der auch die kommenden Wahlkonfrontationen mitmoderiert, weisen die Vorwürfe zurück.

Laut Angaben des ÖVP-Kandidaten Efgani Dönmez sollen Leitner und Kern mehrmals Urlaub auf einer Finca in San José auf der spanischen Insel Ibiza gemacht haben, im Herbst 2016, als Kern bereits Kanzler war, seien sie gemeinsam nach Marokko gereist. Bisher gab es dafür aber keine Bestätigung: Sowohl die SPÖ als auch Leitner selbst dementieren die Marokko-Reise. Der Vorwurf sei falsch.

"Christian Kern war nämlich in seinem ganzen Leben noch nie in Marokko", erklärte Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler am Samstag.

Dönmez, der auf Platz fünf der Bundesliste von ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz steht, kritisiert explizit nicht die Freundschaft, aber die Optik, die dadurch entstehe, dass sich Leitner und Kern darauf einlassen, im Wahlkampf TV-Duelle gemeinsam zu bestreiten.

Dönmez spricht von Befangenheit

"Ich halte es für befremdlich, dass Tarek Leitner im Wahlkampf die TV-Duelle moderiert, obwohl er mit Kern gemeinsam auf einer Finca in Ibiza auf Urlaub war und schon lange gut mit ihm befreundet ist. In Deutschland wäre so etwas absolut undenkbar. Ein echtes No-Go", erklärte Dönmez. "Man kann ja gemeinsam auf Urlaub fahren, ich werfe niemandem eine Freundschaft vor, aber man sollte sich dann in Wahlkampfzeiten als befangen erklären."

Leitner, der wegen seines "Sommergesprächs" mit Kurz am vergangenen Montag und der dabei aufgetretenen Reibungsflächen vor allem von Anhängern des ÖVP-Spitzenkandidaten heftig in sozialen Medien kritisiert wurde, hatte entsprechende Vorwürfe schon im Juni zurückgewiesen. "Diese Urlaubslegende ist so, wie sie erzählt wird, ein Gerücht. Tatsache ist, dass wir durch die Schulfreundschaft unserer Kinder im Sommer 2015 mit mehreren Familien auf Urlaub waren, darunter auch mit der Familie Kern. Aber Christian Kern war damals noch weit davon entfernt, Bundeskanzler zu sein. Das ist mir wichtig", sagte Leitner gegenüber "News" und "tv-media".

Auch der ORF wies die aktuelle ÖVP-Kritik zurück. "Die Frage impliziert Zweifel an der journalistischen Integrität von Tarek Leitner, die von dem ORF-Spitzenjournalisten über die Jahre hinweg im höchsten Maße unter Beweis gestellt wurde. Zu dem angesprochenen Thema hat Tarek Leitner selbst bereits in mehreren Interviews Stellung genommen, mehr ist dem nicht hinzuzufügen", hieß es aus dem öffentlich-rechtlichen Sender.

Eine scharfe Reaktion kam zudem am Sonntag vom ORF-Redakteursrat. Mit seiner "unwahren Behauptung" schädige VP-Kandidat Efgani Dönmez bewusst die journalistische Glaubwürdigkeit des ORF-Mitarbeiters. Es handle sich um ein "bewusstes und absichtliches Anpatzen mit dem Zweck, einen ORF-Journalisten vor einem wichtigen Interview einzuschüchtern". Das Gremium fordert Dönmez auf, "die Verbreitung von Unwahrheiten zu unterlassen". Leitner beweise seit vielen Jahren in seiner Funktion als ORF-Moderator, dass er parteipolitisch unabhängig und objektiv sei. Es gebe keinen Grund, an seiner journalistischen Integrität zu zweifeln.

"Dönmez-Gate"

Am Sonntag legte ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel noch eins drauf. "Aus meiner Sicht entsteht zumindest eine schiefe Optik durch die Freundschaft zwischen Leitner und Kern", sagte Blümel. Die FPÖ sprach von einer "Besorgnis der Befangenheit", die Neos sehen die ÖVP am Zug: Diese müsse Beweise für ihre Behauptungen vorlegen oder andernfalls "Konsequenzen beim Listen-Fünften Dönmez ziehen", so Neos-Generalsekretär Nikola Donig. (APA, 2.9.2017)