Ein Foto des Flughafens aus dem Jahre 2015. Damals waren die Bauarbeiten noch im Gange.

Foto: APA/AFP/JEAN LIOU

Die Runway 2015: Bald sollen hier auch größere Maschinen landen können.

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Johannesburg – Deutschland hat seinen Skandal-Hauptstadtflughafen BER – die Insel St. Helena ihren HLE. So lautet die Abkürzung des ersten und einzigen Flughafens der Insel, auf die der französische Kaiser Napoleon Bonaparte einst verbannt wurde. Fast eine halbe Milliarde Euro kostete der neue Flughafen, den der britische "The Telegraph" als "den nutzlosesten Airport der Welt" bezeichnete.

Im Juni 2016 sollte seine Eröffnung die jahrhundertelange Abgeschiedenheit der Insel beenden. Die 1950 Meter lange Landebahn ist lang genug, um dort Mittelstreckenjets starten und landen zu lassen. Was aber übersehen wurde: gefährliche Scherwinde machen für sie den Anflug zum Problem.

Annäherung an das Landedeck eines Flugzeugträgers

Eine für British Airways fliegende Boeing 737-800 musste drei Landeanflüge durchführen, um endlich auf der funkelnagelneuen Bahn aufzusetzen. In einem offiziellem Bericht wurde danach kritisiert, dass die seit Jahrzehnten bekannten schwierigen Wetterbedingungen beim Bau der Anlage offenbar in keiner Weise beachtet wurden. Seitdem steht der Airport nur noch kleineren Flugzeugen offen – Maschinen, deren Reichweite begrenzt ist. Dazu gehören kleinere Jets wie die Embraer E190 der südafrikanischen Fluggesellschaft Airlink. Sie startet ab dem 14. Oktober einen neuen Versuch, einen Linienflugverkehr nach St. Helena aufzubauen.

Mit maximal 76 Passagieren an Bord – und damit 20 weniger als möglich wären – soll sie in der Lage sein, selbst bei Rückenwind noch sicher zu landen; das jedenfalls ergaben wiederholte Testflüge des brasilianischen Herstellers Embraer. Die Landeanflüge ähneln ein wenig der Annäherung an das Landedeck eines Flugzeugträgers, der sich in die Bergwelt der Insel verirrt hat. "Sehr sicher, sehr einfach", sagte dennoch der verantwortliche Testpilot Joel Faermann einem örtlichen Onlinemagazin nach der Landung, "ich kann Ihnen berichten, dass der Wind hier so normal ist wie auf jeder anderen Insel."

Versorgungsschiffe als einzige Verbindung

Die südafrikanischen Behörden genehmigten die Flüge von Johannesburg über Namibias Hauptstadt Windhuk nach St. Helena. "Zweifellos ist 2017 ein Jahr der positiven Veränderung für St. Helena", erklärte Insel-Gouverneur Lisa Philips – und freut sich bereits auf die in St. Helena sehnsüchtig erwarteten ersten Touristen. Denn der mehrstündige Flug stellt eine praktische und schnelle Alternative zur bisher eher beschwerlichen und langen Postdampfer-Fahrt dar. Das britische Überseegebiet liegt immerhin auf halber Strecke zwischen Afrika und Lateinamerika im Südatlantik – rund 2.000 Kilometer von Angola im Osten, knapp 3.000 bis Brasilien im Westen. Seit ihrer Besiedlung im 16. Jahrhundert waren Versorgungsschiffe die einzige Verbindung der "Saints" – so die Bezeichnung der Insulaner – mit dem Rest der Welt.

Bei der Ankunft dürfen Reisende bisher Wellen und Brandung nicht scheuen – vor St. Helena wird ausgebootet wie noch zu den Zeiten des entmachteten Franzosen-Kaisers, dessen letztes Domizil heute eine der Hauptattraktionen der Insel ist. Schwarze Basaltklippen, zerklüftete Felsformationen, üppig-grüne Vegetation: Es ist ein Paradies für Stadtflüchtlinge auf der Suche nach Ruhe. Jamestown, der Hauptort, zählt mit 1.000 Einwohnern fast ein Viertel der Inselbevölkerung. Entdeckt wurde St. Helena vom portugiesischen Admiral Joao de Nova auf seiner Heimreise von Indien. Am 21. Mai 1502 kam er an.

Jahrelang war die Insel dann eine Zwischenstation für Seefahrer, um sich mit frischem Wasser und Früchten einzudecken. 1988 bekam die Insel eine eigene Verfassung, wird aber weiter von der britischen Regierung subventioniert. Immerhin ist Königin Elizabeth II. Staatsoberhaupt. Ihr königlich-britisches Postschiff "St. Helena", das bisher die Verbindung zur Außenwelt absicherte, sollte eigentlich schon längst außer Dienst gestellt werden. Neben "Queen Mary 2" ist es das einzige noch verbliebene RMS-Postschiff der Queen. (Ralf E. Krüger, APA, dpa, 13.9.2017)