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Österreicher bestellen durchschnittlich einmal im Jahr Pizza, Burger und Co per Lieferservice. Der Zustellmarkt ist heißumkämpft.

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Jitse Groen hat die Zulieferplattform Takeaway 2000 gegründet.

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Wien – Wenn Jitse Groen Essen bestellt, ist es immer eine Pizza Quattro Formaggi. Die Zusteller erkennen den 39-jährigen Niederländer meistens nicht. Dabei ist Groen Gründer und Geschäftsführer des Zustellriesen Takeaway. Der Konzern ist in neun europäischen Ländern und in Vietnam tätig. Die Aktiengesellschaft hat ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 45 Prozent auf 111 Millionen Euro gesteigert.

Begonnen hat die Geschichte des börsennotierten Konzerns in Het Veld, eine Autostunde nördlich von Amsterdam. Groen, damals 22-jähriger Student, hat dort seine Eltern besucht und wollte mit ihnen essen gehen. In dem kleinen Ort gab es keine Restaurants, keinen Zustellservice, und das nächste Gasthaus war zehn Kilometer entfernt. Mit hungrigem Magen kam Groen die Idee, eine Plattform zu gründen, um Kunden mit Restaurants zu vernetzen.

Kaum Kosten bei Unternehmensgründung

Ein halbes Jahr später gründete der Student den Onlinedienst Thuisbezorgd – zustellen -, der 2011 in Takeaway umbenannt wurde. Der Niederländer war damit kein Pionier: "Damals hat es schon ein paar Anbieter gegeben, Restaurants mussten aber rund 50 Euro pro Monat zahlen", sagt Groen im Gespräch mit dem STANDARD. Seine Plattform verlangte hingegen nur bei entgegengenommenen Bestellungen eine Kommission. Diese liegt heute in Österreich bei rund elf Prozent.

Kosten waren mit der Unternehmensgründung kaum verbunden, erinnert sich Groen: "Ich habe mir das Programmieren selbst beigebracht, das war gratis." Die ersten 600 Restaurants kontaktierte er einzeln per Brief, dann ging alles relativ schnell: "Wir hatten innerhalb von zwei Monaten 200 Bestellungen pro Tag", so der Unternehmer.

Seit 2008 in Österreich

Nach den Niederlanden hat Takeaway Plattformen in Belgien und Deutschland gegründet. Seit 2008 ist der Konzern mit Lieferservice.at in Österreich tätig. Nach eigenen Angaben hat der Anbieter hierzulande mittlerweile einen Marktanteil von 70 Prozent.

Im vergangenen Jahr steigerte die österreichische Tochter ihren Umsatz um mehr als hundert Prozent auf 6,6 Millionen Euro. Auch die Bestellungen sind 2016 um 60 Prozent auf 3,4 Millionen gestiegen. "Nur Vietnamesen bestellen mehr als Österreicher", sagt Groen. Durchschnittlich werden hierzulande 19,50 Euro pro Bestellung ausgegeben.

Bisher verdiente Lieferservice.at lediglich an der Vermittlung zwischen Restaurants und Kunden. Seit heuer hat der Konzern das System der Konkurrenz übernommen, 100 eigene Fahrradkuriere liefern Essen in Wien aus. Mit diesem Schritt wollte man das Angebot auf jene Restaurants ausweiten, die keine eigene Zustellung anbieten. "Das Modell funktioniert aber überhaupt nicht", gibt der Geschäftsführer zu, Grund dafür seien die hohen Personalkosten. Der Zustelldienst liefert nur ein Prozent der Bestellungen selbst aus, den Rest übernehmen die Restaurants.

"Bisschen über Mindestlohn"

Für das Lohndumping anderer Zusteller hat Groen wenig Verständnis, seine Kuriere seien in allen Ländern angestellt und würden "ein bisschen mehr als den Mindestlohn" verdienen. In Österreich werden den Fahrern laut Groen E-Bikes zur Verfügung gestellt, in anderen Ländern müssen sich Fahrer selbst ausstatten.

Der Konzern mit Sitz in Amsterdam beschäftigt 1.200 Mitarbeiter plus mehrere Tausend Fahrer. Bisher hat Takeaway knapp zehn andere Onlineplattformen in Europa übernommen, den Markt wolle man weiter ausbauen. "Wir haben zehn Millionen Kunden in Ländern mit insgesamt über 155 Millionen Einwohnern. Hier können wir also noch kräftig wachsen", so der Geschäftsführer. (Nora Laufer, 20.9.2017)