Wie groß ist das Risiko, dass sich HIV epidemisch in der Schweiz ausbreitet? – Dieser Frage sind Forscher nachgegangen und haben ein biomathematisches Modell entwickelt.

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Wie groß ist die Gefahr, dass sich HIV in der heterosexuellen Bevölkerung in Ländern wie der Schweiz, Österreich oder Deutschland epidemisch ausbreitet? "Das Risiko ist sehr gering und es wird laufend geringer", sagt Roger Kouyos von der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene in Zürich.

Die von den Forschern ermittelte HIV-Reproduktionsrate für die Schweiz beträgt 0.44. "Der Wert liegt weit unter der kritischen Schwelle", sagt Kouyos. Ist die Reproduktionsrate geringer als 1, kommt es selten zu Ansteckungen und die Übertragungskette bricht irgendwann ab. Das Virus kann sich dann nur in der heterosexuellen Bevölkerung halten, weil es über verschiedene Risikogruppen ständig neu in diese importiert wird.

In die neu entwickelte biomathematische Methode flossen neben klinischen Daten die viralen Genomsequenzen ein, anhand derer sich die Übertragungsketten nachvollziehen lassen. Die zur Berechnung herangezogenen Daten stammten aus der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie, welche die HIV Epidemie in der Schweiz seit 30 Jahren repräsentativ abbildet.

Auch zur Prognose von Hepatitis B und C oder Syphilis

Untersucht wurden verschiedenste Subtypen von Viren und deren demografische Herkunft. Dabei zeigte sich erwartungsgemäß, dass HIV-Infizierte das Virus besonders stark verbreiteten, wenn ihre Erkrankung spät diagnostiziert wurde und sie häufig Sex mit verschiedenen Partnern hatten. Die Methode kann auch auf andere virale Infektionskrankheiten wie Hepatitis B oder C oder Syphilis angewandt werden, betonen die Forscher.

"Genomsequenzen werden heute immer häufiger auch bei nicht HIV-Pathogenen produziert", sagt Kouyos. Man könne damit prüfen, wie wirksam präventive Maßnahmen sind und welche Subgruppen besonders gefährdet sind. (red, 3.10.2017)