Der Zug zu den Rädern fehlt hier noch. Die ÖBB können nun im Vergabeverfahren mit Siemens und Bombardier weiterverhandeln.

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Wien – Am Ende hat Siemens offenbar doch kalte Füße bekommen. Der ÖBB-Haus- und Hoflieferant hat am Montag seinen Einspruch gegen das Vergabeverfahren der ÖBB zum Ankauf von Reisezügen im Volumen von bis zu 400 Millionen Euro zurückgezogen. Das erfuhr DER STANDARD am Dienstag in ÖBB-Kreisen und wird bei Siemens bestätigt.

Die für Mittwoch anberaumte mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist damit obsolet, und die Staatsbahn kann ihre Verhandlungen im Vergabeverfahren mit den beiden Bahnausrüstungskonzernen Siemens und Bombardier fortsetzen. Als Gründe für den Rückzug werden bei Siemens Kompromisse bei technischen Details genannt, die seitens der ÖBB akzeptiert worden seien. Die für Laufruhe und Stabilität der Schlafwagens maßgeblichen Wagenkästen beispielsweise dürfen nun schwerer sein als von der ÖBB zu Beginn des Verfahrens gefordert.

Geplanter Rahmenvertrag

Die ÖBB will einen Rahmenvertrag abschließen, die erste Tranche besteht aus acht Tageszügen mit je neun Reisezugwagen und 13 Nachtzügen (mit je sieben Schlaf- beziehungsweise Liegewagen) vorwiegend für den Italienverkehr.

Nicht beseitigt wurde freilich der Stein des Anstoßes, nämlich dass Bombardier im Fall des Zuschlags Rohmaterial und Teile des Rohbaus aus seinem Joint-Venture mit dem chinesischen Eisenbahngiganten CRRC beziehen würde beziehungsweise in China fertigen ließe, während Siemens zumindest die Drehgestelle für die Reisezugwagen in Österreich fertigen würde. Insgesamt gibt man den heimischen Wertschöpfungsanteil in der Siemensstraße mit 63 Prozent an, jener aus Europa belaufe sich gar auf 93 Prozent.

ÖBB entspannt

Die ÖBB reagierte entspannt auf den Rückzug des deutschen Elektromultis vor Gericht: "Wir sind immer davon ausgegangen, dass dem Einspruch nicht stattgegeben wird", sagt Sprecher Bernhard Rieder zum STANDARD. Dass Siemens den Einspruch zurückgezogen habe, bestätige, dass das Vergabeverfahren ordnungsgemäß und transparent durchgeführt werde. Man sei zuversichtlich, das Vergabeverfahren zügig – bis Jahresende – abschließen zu können. Ob Siemens dann noch an Bord ist, ist allerdings fraglich. Das Zurückziehen der Klage bedeute nicht, dass man am Ende tatsächlich ein bindendes Angebot abgeben werde, heißt es in der Siemens City in Wien-Floridsdorf. (Luise Ungerboeck, 4.10.2017)