Eine Frau zählt große Scheine. Verhaltens- und Neuroökonomen fanden im Gehirn mögliche Antworten auf die Frage, warum Frauen mit ihnen geschenkten Geldbeträgen freigiebiger umgehen.

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Zürich/Wien – Frauen werden im Durchschnitt schlechter bezahlt als Männer. Doch wenn Frauen einen Geldbetrag verteilen können, verhalten sie sich großzügiger, wie Experimente von Verhaltensökonomen gezeigt haben, deren Pionier Richard H. Thaler (Uni Chicago) am Montag den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften (vulgo: Wirtschaftsnobelpreis) erhielt.

Nun hat eine Forschergruppe um Alexander Soutschek (Uni Zürich) bei weiteren Verhaltensexperimenten eine neurowissenschaftliche Erklärung dafür nachgeliefert, warum das so ist: Im Gehirn von Frauen löst Großzügigkeit ein stärkeres Belohnungssignal aus, während Männer bei egoistischem Verhalten mehr Belohnungsaktivität zeigen, schreibt das Team um Soutschek im Fachblatt "Nature Human Behaviour".

Mehr Aktivität im Striatum

Im Fokus der Forscher stand dabei das Striatum, ein Bereich in der Hirnmitte, der für die Bewertungs- und Belohnungsverarbeitung zuständig und bei unseren Entscheidungen aktiv ist. Konkret zeigte sich, dass bei den Frauen das Striatum stärker aktiviert wurde, wenn sie sich sozial und eben freigiebig verhielten.

In einem weiteren Experiment wurde das Belohnungssystem im Gehirn der Probanden durch die Einnahme von Medikamenten gestört. Unter diesen Bedingungen verhielten sich die Frauen egoistischer und Männer sozialer, was die Forscher überraschte.

Nicht angeboren, sondern anerzogen

Obwohl sich solche geschlechtsspezifischen Differenzen im Hirn äußern, warnt Alexander Soutschek vor der Schlussfolgerung, dass diese Unterschiede angeboren oder evolutionär bedingt seien. Laut dem Neuroökonomen lassen sich die Verhaltensunterschiede am besten durch die unterschiedlichen kulturellen Erwartungen an Männer und Frauen erklären. (tasch, 9.10.2017)