Zum dritten Mal olympische Ringe in Innsbruck? Am Sonntag werden die Tiroler dazu befragt.

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Mögliche Austragungsstätten.

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Innsbruck – Es wird ein knappes Rennen. Ob Gegner oder Befürworter am Sonntag bei der Volksbefragung über eine Bewerbung Tirols für die Olympischen Winterspiele 2026 die Nase vorn haben werden, wagte zwei Tage davor niemand zu prophezeien.

Das Land Tirol als Austragungsregion, die Stadt Innsbruck als Hostcity sowie das Österreichische Olympische Comité (ÖOC) haben alles versucht, um die Stimmung zu ihren Gunsten zu drehen. Mehr als 70 Informationsveranstaltungen wurden in den vergangenen Wochen in ganz Tirol abgehalten, unzählige Inserate in sämtlichen Medien geschalten. Die Gegner des Vorhabens kritisieren, dass die dabei vermittelte Information sehr einseitig gewesen sei. Werbung statt objektiver Information lautet ihr Vorwurf.

An Desaster erinnern

Der Stimmungsmache haben sich beide Lager schuldig gemacht. Während die Befürworter gebetsmühlenartig nicht näher erklärte "große Chancen" für das Land und die Jugend beschwören, zeichnen die Gegner mit Verweisen auf vergangene Olympia-Desaster wie Sotschi düstere Szenarien von Milliardenverlusten, auf denen die Steuerzahler sitzenbleiben würden.

Dabei wäre die Grundidee der Bewerbung Tirols mit der Hostcity Innsbruck durchaus spannend. Man setzt auf "redimensionierte Spiele", die ganz im Zeichen von Nachhaltigkeit stehen. Keine neuen Sportstätten sollen dafür gebaut werden. Man will bestehende Anlagen in Tirol sowie im angrenzenden Ausland nutzen. Eisschnelllauf soll ins deutsche Innzell und Eishockey teils ins italienische Bozen ausgelagert werden. Damit würde man dem Gigantismus vergangener Spiele eine Absage erteilen. Ein Zugang, der auch dem von Skandalen gebeutelten Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in die Karten spielen würde, das sein Image dringend aufpolieren muss.

Problem Glaubwürdigkeit

Die Befürworter gehen noch weiter und versprechen, man werde für Olympische Spiele in Tirol keinen Cent Steuergeld aufwenden. Dort beginnt das Problem der Glaubwürdigkeit dieser Bewerbung. Denn bei der Kostenberechnung wird zwischen dem Durchführungsbudget in der Höhe von 1,175 Milliarden Euro sowie den Kosten, die nicht direkt mit der Durchführung in Zusammenhang stünden, unterschieden. Zu letzteren zählen die Aufwendungen für Sicherheit und Infrastruktur. Also jene Posten, die bei vergangenen Spielen dafür gesorgt haben, dass die Budgets der Austragungsorte explodiert sind.

Das Durchführungsbudget sei gedeckt, rechnet ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel vor. Doch in welcher Höhe Zusatzkosten außerhalb dieses Budgets anfallen, kann bis dato niemand sagen. Allein der Bau des olympischen Dorfes mit rund 400 Wohneinheiten ist noch völlig offen. In der Machbarkeitsstudie zur Bewerbung wird dafür am Areal des Innsbrucker Frachtenbahnhofes geplant. Doch die ÖBB werden frühestens bis Ende des Jahres entscheiden, ob sie das Grundstück überhaupt abtreten wollen.

Testimonial DJ Ötzi

Mit der intensiven Werbekampagne pro Olympia haben sich Land, Stadt und ÖOC zuletzt keinen Gefallen mehr getan. So wurde die Tiroler Kulturszene ungefragt vor den Olympiakarren gespannt. Als Testimonials dazu dienten der Landesregierung Gerry Friedle, alias DJ Ötzi, und Landestheaterintendant Johannes Reitmeier. Umgehend protestierten in einem offenen Brief 30 Tiroler Kulturinstitutionen, darunter das Architekturforum und die Galerie St. Barbara, gegen diese Vereinnahmung: "Wir können im vorliegenden Bewerbungskonzept für die Olympischen Winterspiele – in dem Kultur nicht vorkommt – keinen Zusammenhang mit einer nachhaltigen und positiven Kulturentwicklung in Tirol erkennen."

Egal wie die Abstimmung am Sonntag ausgeht, es wird ein gerichtliches Nachspiel geben. Die Plattform "Mehr Demokratie" hat bereits angekündigt, eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einzureichen. Es geht um die Fragestellung am Stimmzettel, die da lautet: "Soll das Land Tirol ein selbstbewusstes Angebot für nachhaltige, regional angepasste sowie wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Olympische und Paralympische Winterspiele Innsbruck-Tirol 2026 legen?" Das sei manipulativ und wertend, bestätigte auch Verfassungsjurist Heinz Mayer.

Sollte Tirol am Sonntag dafür stimmen, startet der Bewerbungsprozess. Das IOC wird 2019 in Mailand den Zuschlag erteilen. (Steffen Arora, 14.10.2017)