889.193 Wahlkarten wurden für die Nationalratswahl ausgestellt – ein neuer Rekord. Wie viele Wahlkarten nicht beim Empfänger angekommen sind, ist nicht bekannt.

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Als österreichische Staatsbürgerin wählen zu dürfen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Doch mir wurde dies verwehrt, weil die Wahlkarte auf dem Weg von einer oberösterreichischen Gemeinde – laut Postamt – im fünften Bezirk in Wien verlorenging. Die Ohnmacht, kein Kreuzerl machen zu dürfen, empört und verärgert mich.

Ende September habe ich meine Wahlkarte beantragt, Anfang Oktober war ein gelber Zettel im Postfach. In meinem Fall wurde dieser Brief sogar eingeschrieben versandt. Doch beim Postamt erklärte man mir: "Leider finden wir den Brief nirgendwo." Der Abholschein wurde kopiert, meine Telefonnummer notiert. Man würde sich melden, sobald die Wahlkarte gefunden wurde. "Wird schon auftauchen", habe ich mir gedacht, am 6. Oktober. Noch am selben Tag läutet das Mobiltelefon. Die Postbeamtin am anderen Ende der Leitung erklärt mir, dass trotz mehrmaligen Suchens meine Wahlkarte nicht auffindbar sei. Allen Postfilialen des 5. Wiener Gemeindebezirks sei der Auftrag erteilt worden, nach meiner Wahlkarte zu suchen.

Niemand kann helfen

Ich warte auf einen weiteren Anruf. Nach ein paar Tagen entschließe ich mich dazu, dem Ganzen auf dem zuständigen Postamt auf den Grund zu gehen. Wieder nichts. Sehr hilfsbereite, empathische, aufgebrachte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post: Sie suchen. Schublade auf. Schublade zu. Nichts. Nächste Schublade. Nichts. Wieder Nichts. Und wieder Nichts. Keine Wahlkarte für mich.

Anrufe bei der Post. Anrufe bei meiner Gemeinde. Anrufe bei der MA62 in Wien. Allen scheinen die Hände gebunden zu sein – niemand kann weiterhelfen. Die Information, die ich bekomme, ist immer wieder dieselbe: "Sie haben eine Wahlkarte beantragt, taucht die Wahlkarte nicht auf, können Sie nicht wählen. Weder wird Ihnen eine neue Wahlkarte ausgestellt, noch können Sie persönlich in Ihrer Gemeinde Ihre Stimme abgeben. Sie können also nicht wählen."

Ist das möglich? Ich darf nicht wählen? Ich lasse meinen Gedanken freien lauf. Es entsteht Misstrauen gegenüber zustellenden Personen, Politikerinnen und Politikern. Gibt es jetzt etwa jemanden, nennen wir ihn einfach Rudi, der jetzt für mich eine Stimme abgibt? Das Misstrauen raubt einem die Energie. Ich fühle mich meiner Rechte beraubt. Am Sonntag durfte ich zusehen, wie Österreich entscheidet. Ohne mich. Kein schönes Gefühl. (Amona Peter, 16.10.2017)