Gelatins "Arc de Triomphe" (2003/2017) aktuell in Mailand.

Foto: Marco Cappelletti

Mailand – 14 Jahre ist sie nun her, die "Salzburger Provinz-Pimperl-Posse" (Franzobel), die die Festspielstadt 2003 noch vor Beginn des eigentlichen Zirkus in "Erregungszustände" versetzte und Medien und Akteure zu den herrlichsten Wortspielen verführte: Ein Springbrunnen, eine Arbeit des österreichischen Künstlerkollektivs Gelatin, schenkte Österreich einen kleinen Kunstskandal.

Ihr Arc de Triomphe, eine Art Gelatin’sches Manneken Pis von etwa vier Metern Größe, zeigte vor dem Festspielhaus ein nacktes Männlein aus buntem Plastilin, das sich in yogischer Verrenkung eine Brücke schlagend mit seinem "mächtig steilen Wasserhahn" selbst in den Mund spritzt. Man konnte die stattliche Erektion und Ejakulation aber auch vortrefflich entsexualisieren: "Wasser sprudelt aus dem Penis der Figur, der Mund fungiert als Auffangbecken" (Hamburger Abendblatt).

Kaum war der Zumpferl-Brunnen aufgestellt, war er auch schon eingehaust, als "primitive pornografische Provokation" inkriminiert und als "Besitzstörung" angezeigt. Der Volks- und Politikerzorn schäumte – "Hussleins Fantasien sollten nicht öffentlich zur Schau gestellt werden" (Bürgermeister Heinz Schaden). "Wir werden uns dem Druck der Bürokraten nicht beugen", konterte die damalige Chefin des Museums der Moderne. Abgebaut wurde dennoch.

Seither war die Plastik nicht mehr öffentlich ausgestellt – nicht in Österreich und auch nicht anderswo. Bis jetzt. Ab Donnerstagabend ist sie Teil der Ausstellung von Gelatin (aktuell Gelitin) in der Fondazione Prada in Mailand. Im Projekt Pokalypsea-Apokalypse-Okalypseap ist sie eine von drei Skulpturen, die architektonische Archetypen (Obelisk, Amphitheater und Triumphbogen) in ihrer ursprünglichen Monumentalität und Rhetorik untergraben.

Ob die Installation in Italien für Tumult sorgen wird? Oder man gar den Zensor auf den Plan ruft? Erregung hat es durchaus gegeben: Im bekanntesten Fall – dem gekreuzigten Frosch von Martin Kippenberger – blieb das Bozner Museion 2008 trotz Papst-Rüffels und Hungerstreiks eines Politikers der Volkspartei standhaft und ließ das lästerliche Tierchen hängen. Ihren Job verlor die Museumsdirektorin erst danach – angeblich aus anderen Gründen.

Erfolgreicher waren dort Zensurversuche zwei Jahre zuvor: Ein Kunstwerk, das die Nationalhymne mit Geräuschen einer Klospülung vereinte, rief Nationalisten und Patrioten auf den Plan; die Arbeit wurde wegen "Verunglimpfung der Fahne" beschlagnahmt. 2011 ordnete der Direktor des MaXXI in Rom an, aus einem Video des Künstlers JacobTV eine mit dem sinnigen Titel "Corrotto" (korrupt) versehene Passage über Berlusconi herauszuschneiden. (Anne Katrin Feßler, 18.10.2017)