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"Das ist nicht Babis' Land": In der tschechischen Zivilgesellschaft regt sich Widerstand gegen den "Oligarchen" Andrej Babis.

Foto: reuters / david w cerny

Prag/Wien – Die österreichische Wahlergebnis hat in Tschechien Wohlwollen ausgelöst: Es bestätige, dass die EU-Migrationspolitik nicht funktioniere, sagt die tschechische Journalistin Eva Hanáková. Ähnlich wie in Österreich würde bei der Parlamentswahl in Tschechien jener Politiker gewinnen, der für Veränderung stehe, der charismatisch und bürgernah sei und gegen Flüchtlinge auftrete: Andrej Babiš.

Doch vor dem Unternehmer Babiš warnte Hanáková bei einem vom Forum Journalismus und Medien veranstalteten Vortrag im Haus der Europäischen Union in Wien eindringlich: In ihren Augen ist der Chef der populistischen Ano-Bewegung ein tschechischer Oligarch. Als solche bezeichnet die frei Journalistin reiche Menschen, die ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen, die meist schon aus dem früheren kommunistischen Regime stammen, nützen, und Geschäfte mit dem Staat machen. Ein Oligarch müsse deswegen schon allein aus wirtschaftlichen Interessen Einfluss auf Politik, Medien und die Öffentlichkeit nehmen.

Selbstzensur, Absprachen, Themensetzung

All das trifft laut Hanáková auf Babiš zu, der vor der Wende KP-Mitglied war und dessen Vermögen auf 70 Milliarden Kronen (2,72 Milliarden Euro) geschätzt würde. Er besitzt die Agrofert Gruppe, ein Konglomerat aus mehr als 250 Firmen in den Bereichen Chemikalien, Landwirtschaft, Nahrungsmittel und Medien, mit etwa 34.000 Beschäftigten. Ihm gehören drei Tageszeitungen "Mladá fronta Dnes", "Lidové noviny" und das Gratisblatt "Metro", der beliebteste Radiosender Radio Impuls sowie die Wochenzeitungen "Tema" und "5 plus 2", das eine sehr große regionale Verbreitung habe.

"Babišs Medienunternehmen Mafra beeinflusst somit rund 2,5 Millionen Menschen und wir haben zehn Millionen Einwohner", sagt Hanáková. Wobei der Einfluss auch indirekter Art sei, etwa durch "Selbstzensur", Backstage-Absprachen oder durch die Themensetzung. Babiš habe eine "konstante Sichtbarkeit und Dominanz der politischen Szene". Für Babiš unangenehme Informationen – wie etwa das Einleiten von Strafermittlungen gegen ihn – würden zwar schon auch veröffentlicht, aber eher im Blatt versteckt als auf der Titelseite.

Tschechische Oligarchen kauften Medien

Gegen Babiš wird wegen angeblicher Steuerhinterziehung und Betrugs mit EU-Förderungen ermittelt. Ihm wird außerdem vorgeworfen, mit der kommunistischen Geheimpolizei zusammengearbeitet zu haben. Er selbst weist alle Anschuldigungen zurück. Sechs Wochen vor der Wahl, die am Freitag und Samstag stattfindet, hatte das Parlament die Immunität des 63-Jährigen aufgehoben. Die Aufhebung der Immunität müsse durch das neue Parlament mit einfacher Mehrheit bestätigt werden, sagt Hanáková. Ob das passiert, ist für sie allerdings fraglich.

"Wir sind das Land von Václav Havel", sagt Hanáková. Unter dem ersten Präsidenten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs "gab es Freiheit". Das Jahr 2013 sei ein Wendepunkt gewesen im Sinne einer "Demontage des liberalen Regimes". Es sei das Jahr, in dem sich die deutschen Verleger aus der tschechischen Medienlandschaft zurückgezogen hätten. "Viele Medien wurden von tschechischen Oligarchen gekauft."

"Fake-News-Einheit"

Außerdem hätten dann die Versuche Russlands, auf die politischen Entwicklungen in früheren Ostblockstaaten Einfluss zu nehmen, zugenommen. In die Prager Burg sei 2013 mit Miloš Zeman ein "sehr prorussischer und antieuropäischer" Präsident eingezogen. Eine zentrale Rolle im damaligen Wahlkampf spielte laut Hanáková ein Mitarbeiter Zemans, der ein leitender Angestellter im russischen Öl- und Gasproduzenten Lukoil war. Rund 40 Kreml-freundliche Webportale gebe es mittlerweile in Tschechien, die meisten seien nach der Annexion der Krim entstanden.

Auch die tschechische Regierung erkenne bereits die Gefahr von "Informationskriegen" und reagiere auf die "Desinformationskampagnen" mit einer eigenen "Fake-News-Einheit". Insbesondere im Bezug auf Flüchtlinge gebe es Falschmeldungen. "Die freie Gesellschaft und die parlamentarische Demokratie sind in Gefahr", warnt Hanáková und hebt ein Zitat von Staatsgründer Tomáš G. Masaryk aus dem Jahr 1918 hervor, das in ihren Augen noch immer Gültigkeit habe: "So, wir haben Demokratie. Und nun brauchen wir einige Demokraten." (APA, 19.10.2017)