Aktuell stellen SPÖ und Grüne im Bundesrat noch mehr als ein Drittel der Abgeordneten. Im nächsten Jahr könnte sich das ändern.

Wien – Normalerweise bekommt die Öffentlichkeit wenig bis gar nichts vom Bundesrat mit. Kommt es zu einer türkis-blauen Regierung, könnte die Länderkammer aber stärker in den Fokus rücken – das liegt an ihrer Zusammensetzung. Aktuell verfügen die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP über 42 von 61 Mandaten, was einer Verfassungsmehrheit entspricht.

ÖVP und FPÖ haben zusammen hingegen nur 34 Mandate. Eine Opposition aus SPÖ, Grünen und Fraktionslosen hätte also deutlich mehr als ein Drittel der Mandate. Damit sind einige Rechte verbunden, wie der Parlamentsexperte Werner Zögernitz im Gespräch mit dem STANDARD erläutert.

Klagen bei Höchstgericht möglich

So kann ein Drittel der Abgeordneten im Bundesrat jederzeit ein Gesetz beim Verfassungsgerichtshof anfechten. Möglich wäre das zwar auch im Nationalrat, dort bräuchte die SPÖ aber nicht nur die Liste Pilz, sondern auch die Neos, um ausreichend Stimmen zu bekommen. Im Bundesrat reicht den Roten ein zusätzliches Mandat von Grünen oder Fraktionslosen (Ex-Stronach, Ex-FPÖ).

Noch wichtiger ist aber die Rolle des Bundesrats, wenn es um Verfassungsgesetze geht, die die Kompetenzen der Länder betreffen. In diesem Fall kann ein Drittel der Bundesratsabgeordneten ein absolutes Veto gegen Gesetze einlegen. Ein Beispiel: Sollten ÖVP und FPÖ gemeinsam mit den Neos die Mindestsicherung zu einer Bundeskompetenz machen wollen, dann könnte das Rot-Grün im Bundesrat verhindern. Ventiliert wurde in FPÖ-Kreisen auch bereits, dass man gerne die Staatsbürgerschaftsvergabe zu einer Bundeskompetenz machen würde. Auch das könnten SPÖ und Grüne gemeinsam verhindern.

Landtagswahlen könnten Mandatsverschiebung bringen

Noch jedenfalls. Durch die Landtagswahlen im kommenden Jahr könnte sich nämlich auch die Zusammensetzung des Bundesrats ändern. Ob die Grünen ihre vier Abgeordneten halten werden, ist mehr als unsicher. In Kärnten könnte die SPÖ einen Bundesrat verlieren. Und die drei Mandate der Fraktionslosen sind ebenfalls auf dem Markt. Um auf eine Verfassungsmehrheit im Bundesrat zu kommen, müssten ÖVP und FPÖ gemeinsam jedenfalls sieben zusätzliche Mandate gewinnen.

Historisch betrachtet gab es auch bereits Phasen, in denen es gänzlich andere Mehrheiten in Nationalrat und Bundesrat gab, wie Zögernitz berichtet. Von 1982 bis 1986 war die rot-blaue Bundesregierung mit einer schwarzen Mehrheit im Bundesrat konfrontiert. Zwischen 2005 und 2007 gab es bei einer schwarz-blauen Bundesregierung eine rot-grüne Mehrheit im Bundesrat. Bei normalen Gesetzen, die nicht die Landeskompetenzen betreffen, hat die Länderkammer aber nur eingeschränkte Möglichkeiten. Sie kann lediglich ein aufschiebendes Veto einlegen. Fasst der Nationalrat dann einen Beharrungsbeschluss, tritt das Gesetz trotzdem in Kraft. (Günther Oswald, 4.11.2017)