Hering ist ein gute Quelle für Omega-3-Fettsäuren.

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Omega-3-Fettsäuren, darunter die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaenoensäure (DHA), sind vor allem in fetten Meeresfischen wie Lachs oder Hering zu finden. Diese Fettsäuren haben spezielle chemische Verbindungen, die unser Körper nicht selbst herstellen kann, sie sind mehrfach ungesättigt und gehören damit zu den "essentiellen Fettsäuren".

Sind wir rundum gesund, reicht die normale, vielseitige Ernährung, um uns ausreichend damit zu versorgen. Bei einer Bipolaren Störung oder der unipolaren Depression werden die Omega-3-Fettsäuren allerdings als ein sinnvolles Nahrungsergänzungsmittel angesehen. Wozu sind Omega-3-Fetten aber nun tatsächlich gut bei einer sogenannten affektiven Störung?

Regelmäßig Einnahme

Erik Messamore und Kollegen aus psychatrischen Kliniken und Forschungseinrichtungen in Cincinnatti (2017) fassten verschiedene Studien zur Bedeutung eines Omega-3-Fettsäure-Mangels für Schweregrad und Entwicklung affektiver Störungen zusammen. So zeigten USA-Landesweite und Querschnittserhebungen, dass eine größere regelmäßige Einnahme von mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren mit einem geringerem Risiko für affektive Störungen einherging.

Menschen, die beispielsweise regelmäßig Fisch auf der Speisekarte hatten, neigten seltener zu Depressionen. Gleichzeitig lieferten Übersichtsstudien starke Hinweise darauf, dass Patienten mit solchen Erkrankungen geringere Konzentrationen von Omega-3 im Blut aufwiesen.

Ausgeprägter Mangel

Wie sich ein Mangel konkret auf die Schwere einer Erkrankung auswirken könnte, analysierten schließlich Maurizio Pompili, Direktor des Suizidpräventionszentrums am Sant’Andrea Hospital in Rom, und Kollegen (2017) in einer internationalen Übersichtsstudie. Darin erfassten sie Studien sowohl zu Untersuchungen bevölkerungsweiter Umwelteinflüsse oder der Häufigkeit von Erkrankungen (Epidemiologie), Untersuchungen nach dem Tode (post-mortem) als auch klinische Beobachtungs- oder Behandlungsstudien.

Insgesamt wurden 20 Artikel von Januar 1997 bis September 2016 identifiziert und für die Übersichtsstudie ausgewählt. Diese Arbeiten deuteten darauf hin, dass psychiatrische Patienten einen ausgeprägten Mangel an Omega-3-Fettsäuren im Vergleich zu Kontrollgruppen haben.

Dieser Mangel tauchte in manchen Fällen bei Patienten mit einer Tendenz zu suizidalen Gedanken und Aktionen auf. Allerdings konnten diese schwerwiegenden Zusammenhänge nicht durch größere bevölkerungsweite Studien gestützt werden. Die Frage, ob Suizid mit Omega-3-Gabe verhindert werden könnte, konnte somit nicht befriedigend beantwortet werden. Die Studienlage zeigte aber immerhin, dass ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren als Risikofaktor gelten könnte, der bei Ermittlung einer Suizidgefahr mit berücksichtigt werden sollte.

Deregulierung der Stimmung

In Versuchen mit Ratten wurde zudem gezeigt, dass der Mangel an Omega-3 während der Schwangerschaft zu Entwicklungen in Gehirn und Biochemie des wachsenden Embryos beitragen kann, die beim Menschen mit affektiven Störungen im Zusammenhang stehen. Mit bildgebenden Verfahren wurde weiter demonstriert, dass niedrige Omega-3-Fettsäure-Werte bei den Menschen gehäuft auftauchen, die auch solche Veränderungen in Gehirnstrukturen aufweisen, wie man sie sonst bei depressiven oder bipolaren Patienten findet.

Zusammen zeigt sich damit ein möglicher Einfluss der Omega-3-Fettsäuren auf die Erkrankungen. Der Mangelzustand, vermutlich schon im Embryo, scheint zu der Entwicklung einer Deregulierung der Stimmung beizutragen.

Mechanismus unklar

Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3 scheinen demnach bei der Depressionsbehandlung tatsächlich relevant zu sein, wenn auch die konkrete Bedeutung und der Mechanismus nicht klar sind. Die Daten verschiedenster Studien der letzten Jahre unterstützen aber in jedem Fall ein Routinescreening auf Mangel an Omega-3-Fettsäuren und eine Behandlung eines Mangelzustands durch Fischölkapseln oder regelmäßige Fischmahlzeiten bei depressiven oder bipolaren Patienten.

Zudem kann ein Mangel auch zu einem Krankheitsausbruch beitragen. Wer eine Veranlagung zu solchen Erkrankungen in sich trägt, sollte ebenfalls regelmäßig Fisch essen. Der Konsum, so die Forscher, sollte auch bei den Nachkommen depressiver und bipolarer Patienten als eine Tradition eingeführt werden.

Zukünftige klinische Studien sollten nun untersuchen, ob die langfristige Zusatzbehandlung mit Omega-3-Fettsäuren bei Patienten mit nachgewiesenem Mangel einen nachweisbaren Effekt auf den Schweregrad der Erkrankung und der Selbstmordrate hat. (red, 5.11.2017)