Die Angst vor dem Klebereiweiß Gluten ist häufig unbegründet. Dennoch boomen glutenfreie Produkte.

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Wien – Echte Nahrungsmittelallergien sind relativ selten. Bei etwa vier Prozent der Kinder und zwei bis drei Prozent der Erwachsenen kommt es zu einer überschießende Reaktion des Immunsystems nach mehrmaligem Kontakt mit bestimmten Lebensmittelinhaltsstoffen. Dennoch glauben viele Menschen, unter einer Nahrungsmittelallergie zu leiden. Doch statt sich bei einem Arzt Gewissheit zu verschaffen, vertrauen einige auf Sets, die im Internet erhältlich sind, und testen sich selbst. Keine gute Idee, meint der Verein für Konsumenteninformation, bei dessen Überprüfungen alle zehn Produkte durchgefallen sind.

Glutenfreien Lebensmittel füllen mittlerweile ganze Regalreihen in den Supermärkten. Doch viele geben ihr Geld völlig unnötig für die teuren Spezialprodukte aus, betonten die VKI-Experten. In Europa liegt die Prävalenz der Glutenunverträglichkeit bei maximal einem Prozent. Diese Autoimmunerkrankung wird durch das Klebereiweiß Gluten, das sich in Weizen, Roggen, Dinkel und Gerste befindet, ausgelöst, was zu einer Entzündung des Dünndarms führt. Deutlich höher ist der Anteil bei Fruktoseunverträglichkeit und Laktoseintoleranz: Von den Erwachsenen leiden jeweils zehn bis 15 Prozent darunter.

Gesundheitliches Risiko

Der Verein für Konsumenteninformation prüfte nun zehn Schnelltests, die im Internet angeboten werden. Die Konsumentenschützer ließen die Produkte vom Floridsdorfer Allergiezentrum (FAZ) in Wien unter die Lupe nehmen, die von jeweils zehn Personen ausprobiert wurden. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Für keinen einzigen Test könne eine Empfehlung ausgesprochen werden. Sechs Produkte lieferten sogar derart haarsträubende Ergebnisse, dass die Konsumentenschützer empfehlen, die Finger davon zu lassen. Wer diesen Testergebnissen folgt, riskiere unter Umständen massive gesundheitliche Probleme, warnt der VKI.

In Wien ist es für Betroffene relativ einfach, eine seriöse Abklärung vornehmen zu lassen. Man benötigt dazu eine ärztliche Überweisung und kann eines der Allergieambulatorien aufsuchen. In den Bundesländern und vor allem in ländlichen Gebieten gestaltet sich die Abklärung komplizierter. Das liegt unter anderem daran, dass in mittlerweile einige Allergieambulanzen geschlossen wurden. Patienten bleibt somit nur mehr der Weg zu einem Lungenfacharzt, HNO-Arzt, Dermatologen oder – wenn Kinder betroffen sind – zu einem Kinderfacharzt, heißt es vonseiten der Konsumentenschützer. (red, APA, 7.11.2017)