Die neuen Klubs legen am Mittwoch in internen Sitzungen den jeweiligen Vorsitz fest, zudem stellen ÖVP, SPÖ und Freiheitliche ihre Kandidaten für das Nationalratspräsidium auf.

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Wien – Der Mittwoch brachte die Ouvertüre zur konstituierenden Sitzung des Nationalrats am Donnerstag. Die Klubs legten ihre jeweiligen Vorsitzenden fest, zudem stellten ÖVP, SPÖ und FPÖ ihre Kandidaten für das Nationalratspräsidium auf.

Ein Novum ist, dass der Posten der Präsidentin möglicherweise nur übergangsmäßig besetzt wird. Die ÖVP nominierte dafür die bisherige Europapaabgeordnete Elisabeth Köstinger, die allerdings als wahrscheinliches neues Regierungsmitglied gilt. Gleiches trifft auf Norbert Hofer von der FPÖ zu, der vorerst wieder Dritter Präsident werden soll. Als Einzige fix im Präsidium bleibt Doris Bures (SPÖ), die allerdings künftig nur noch zweite Präsidentin ist.

Einen Tag bevor der neu gewählte Nationalrat erstmals zusammenkommt, tagen traditionell die Klubs der Parteien.
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Bei der SPÖ wurde Parteichef Christian Kern als Klubobmann bestimmt, Andreas Schieder wird geschäftsführender Klubobmann. Die ÖVP macht Sebastian Kurz zum Klubobmann, ÖAAB-Chef August Wöginger soll geschäftsführender Klubchef werden. Wird Kurz Bundeskanzler, gilt Wöginger damit als Favorit für den Posten des ÖVP-Klubobmanns.

Dasselbe Spiel gibt es bei der FPÖ, wo vorläufig nur Heinz-Christian Strache als Klubobmann bestätigt wird. Während die Neos schon am Montag Matthias Strolz zum Klubobmann gewählt haben, ist bei der Liste Pilz noch fraglich, wer die Funktion nach dem Mandatsverzicht von Peter Pilz übernimmt.

Köstingers Verbleib in Präsidium möglich

Der ÖVP-Klub beschloss bereits am Dienstag, Köstinger als Nationalratspräsidentin zu nominieren. Ganz unumstritten dürfte die Entscheidung nicht sein, laut Parteiangaben stimmten im Klub 93,5 Prozent für sie. In der Sitzung wurde auch Kurz zum Klubchef bestimmt, er bekam 97,5 Prozent. Wöginger wurde mit 96,1 Prozent zum geschäftsführenden Klubobmann gewählt.

Finanzminister Hans Jörg Schelling scheint davon auszugehen, dass Köstinger dauerhaft Nationalratspräsidentin sein wird. Er erklärte bei seinem Eintreffen vor dem ÖVP-Klub: "Sie wird heute gewählt. Ich nehme an, sie wird auch dort bleiben." Auf Kritik an ihrer Nominierung, etwa von Neos und SPÖ, ging der Minister nicht ein.

Kurz steht hinter Nominierung

Kurz verteidigte die Nominierung Köstingers. Diese habe in zahlreichen politischen Funktionen Erfahrungen gesammelt, erklärte er bei einem kurzfristig anberaumten Pressestatement nach der Abstimmung im Parlamentsklub. Ob sie dauerhaft in dem Amt bleibt, ist aber weiterhin offen.

Laut Parteiangaben handelte es sich um eine geheime, schriftliche, freie Abstimmung. 57 Abgeordnete sprachen sich für Köstinger aus, vier stimmten für den bisherigen Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf. Es gab eine Stimmenthaltung, hieß es gegenüber der APA.

"Elli Köstinger ist eine starke Frau" sowie eine Pro-Europäerin, sie habe Österreich knapp zehn Jahre im Europäischen Parlament vertreten und im Wahlkampf einen neuen Stil in die politische Landschaft gebracht, streute Kurz seiner langjährigen Vertrauten Rosen. Angesprochen auf Kritik an der Entscheidung, erklärte er: "Ich bin gewohnt, dass unabhängig davon, was wir tun, es Kritik von anderen Parteien gibt." Er selbst werde seinem Stil treu bleiben und andere Parteien nicht schlechtmachen. Köstinger habe einen "tollen Job" gemacht in allen Funktionen. "Wenn man will, wird man immer jemanden kritisieren können. Ich bin überzeugt, dass sie die Funktion gut ausfüllen wird."

Kritik an Alter unerwünscht

Kritik an ihrem Alter ließ Kurz, selbst erst 31, ebenfalls nicht gelten, verfüge sie doch über langjährige Erfahrung im Europaparlament. An Spekulationen, ob sie in eine neue Regierung wechseln wird, wolle er sich nicht beteiligen. Heute sei es schließlich lediglich um die Entscheidungen über die Klubchefs und die Nationalratspräsidentin gegangen. In den Koalitionsverhandlungen habe es noch keine Einigung über die Ressortverteilung gegeben, noch stehe auch nicht fest, ob die Koalition mit der FPÖ zustande kommt, meinte Kurz. "Sie wird die Funktion zu 100 Prozent positiv ausfüllen." Er würde sich wünschen, dass es eine Kultur gebe, in der Persönlichkeiten zunächst einmal eine Chance gegeben wird. Es sei Usus, dass sich die Parteien die Kandidaten für das Nationalratspräsidium aussuchen können, insofern ließ Kurz wissen: "Wir werden die anderen Kandidaten unterstützen", man respektiere deren Vorschläge und werde sie nicht schlechtmachen.

Von Innenminister Wolfgang Sobotka, der ebenfalls als Kandidat für dieses Amt gehandelt wurde, gab es kein Statement. Der bisherige Zweite Nationalratspräsident Kopf hat in der konstituierenden ÖVP-Klubsitzung selbst nicht kandidiert, hieß es am Mittwoch aus dem Klubumfeld. Vier Personen hatten sich in der schriftlichen Abstimmung trotzdem für Kopf ausgesprochen.

Laut Presseaussendung wird es künftig sieben Klubobmann-Stellvertreter geben, die ebenfalls in der konstituierenden Sitzung gewählt wurden. Es sind dies Peter Haubner, Georg Strasser, Karl Nehammer, Bundesrat Edgar Mayer, Barbara Krenn, Gabriela Schwarz und Angelika Winzig.

Strolz ortet "Verhöhnung des Parlaments"

Die Neos werden Köstinger möglicherweise nicht wählen. Sollte das zweithöchste Amt im Staat für sie tatsächlich nur Zwischenstation bis zu einer Bestellung zur Ministerin sein, werde man nicht zustimmen. "Das ist nicht der Verschubbahnhof. Wir sind nicht der Zwischenparkplatz. Wir sind die erste Staatsgewalt", sagte Neos-Chef Strolz am Mittwoch.

Es sei "recht steil", dass die ÖVP erst zwei Tage vor der Konstituierung bekanntgegeben hat, wen sie nominiert. Dass Köstinger auch noch als Ministerin vorgesehen sein soll und das Amt der Nationalratspräsidentin möglicherweise nur vorübergehend annimmt, ist für Strolz inakzeptabel und eine "Verhöhnung des Parlaments".

Neos wünschen Aussprache mit Köstinger

Die Neos haben Köstinger zu einer Aussprache eingeladen, bei der sie glaubhaft machen soll, dass sie das Amt dauerhaft annehmen wolle. Sie verlangen sogar einen entsprechenden Notariatsakt oder etwas ähnlich Glaubwürdiges.

Die neue Neos-Abgeordnete Irmgard Griss zeigte sich "erstaunt" darüber, dass die ÖVP für dieses wichtige Amt jemanden nominiert, der bisher nicht im Nationalrat tätig gewesen sei und aus einer "Vertrauensposition in der Partei unmittelbar an die Spitze des Parlament kommt". "Das ist schon bedenklich", so Griss.

Bezüglich der Wahl Hofers zum Dritten Präsidenten sind die Neos laut Strolz gespalten, da auch Hofer für ein Ministeramt vorgesehen sein soll. Er hat aber zumindest die Funktion des Dritten Nationalratspräsidenten schon bisher ausgeübt. Strolz attestierte Hofer, "die Aufgabe zufriedenstellend erledigt zu haben". (APA, red, 8.11.2017)