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Steffan holte vier Meistertitel. Mit Dopingkontrollen war zu rechnen. Kann einer so blöd sein, in dieser Situation so zu dopen? Diese Überlegung spielte bei der Urteilsfindung keine Rolle.

Foto: APA/EPA/SERGEY DOLZHENKO

Wien – Vorweg, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die involvierten Parteien haben seit 5. November vier Wochen Zeit, um Rechtsmittel zu erheben – was freilich eine Überraschung wäre. Involviert sind der Schwimmer Sebastian Steffan, dem am 16. Juli bei den Meisterschaften in Enns die Einnahme des Wirkstoffs Heptaminol nachgewiesen wurde, und die Anti-Doping-Agentur (Nada), die sozusagen den Ankläger gibt. Doch von beiden Seiten ist kein Einspruch zu erwarten.

Nach der Öffnung der B-Probe, deren Ergebnis nicht minder positiv war, wurde Steffan (20) von der Anti-Doping-Rechtskommission (ÖADR) zwölf Monate gesperrt. Zumindest damit ist der Oberösterreicher, der 2015 U19-Europameister über 200 Meter Lagen war, eher glimpflich davongekommen, prinzipiell wäre eine zweijährige Sperre vorgesehen. Via Facebook beteuerte Steffan seine Unschuld. Schwimmen sei sein "Leben, und ich wäre niemals bereit gewesen, es durch irgendeinen Fehler aufs Spiel zu setzen".

"Spezifische Substanz"

Das klingt einerseits nicht unglaubwürdig, andererseits hat man Ähnliches schon oft gehört und gelesen. Für die ÖADR, die sich aus den Juristen Gerhard Probst und Michael Danek sowie der Sportmedizinerin Angelika Karner-Nechvile zusammensetzt, war entscheidend, dass Heptaminol auf der internationalen Dopingliste als eine "spezifische Substanz" eingestuft ist. Diese komme "im täglichen Leben leichter vor", erläutert Probst, der Vorsitzende der Rechtskommission. Steffan hatte angegeben, er könnte sich nur erklären, dass die Substanz über ein Nahrungsergänzungsmittel in seinen Körper gelangt sei. Beweisen ließ sich das allerdings nicht.

Doch zu Steffans Glück geht die ÖADR bei Doping mit einer spezifischen Substanz von Fahrlässigkeit aus – im Gegensatz etwa zu Doping mit einem anabolen Steroid, da wird von vornherein Vorsatz vermutet. Probst sagt, nur bei "grober Fahrlässigkeit" wären zwei Jahre Sperre angebracht. In Steffans Fall wäre "mittlere Fahrlässigkeit" vorgelegen, da reiche der Strafrahmen von acht bis 16 Monaten. Die ÖADR habe alles abgewogen und sich für einen Mittelwert entschieden.

Parallelen

Das Erkenntnis im Fall Steffan umfasst zwölf Seiten, es bezieht sich auch auf den Fall des kroatischen Tennisspielers Marin Cilic. Dieser wurde 2013 positiv auf Nikethamid getestet und gab an, dieses Stimulans unwissentlich über eine Tablette zu sich genommen zu haben. Cilic wurde zunächst für neun Monate gesperrt, der Internationale Sportgerichtshof (CAS) reduzierte die Sperre später auf vier Monate, da "keine leistungssteigernde Absicht" und auch nur "leichte Fahrlässigkeit" vorlag, wie es hieß.

Heptaminol ist relativ leicht nachweisbar, hat allerdings eine sehr kurze Eliminationszeit. Soll heißen, Steffan hat das Mittel eher knapp vor dem Wettkampf zu sich genommen. Bei den Meisterschaften in Enns war er mit vier Titeln und einem zweiten Platz der erfolgreichste Teilnehmer, er musste mit einer Dopingkontrolle rechnen. Kann einer überhaupt so blöd sein, in dieser Situation so zu dopen? Und hat auch diese Überlegung zur relativen ÖADR-Milde beigetragen? Das stellt Probst in Abrede. Die Kommission habe nur Fakten zu bewerten. "Ich habe schon verurteilt, obwohl ich persönlich geglaubt habe, dass einer unschuldig ist. Und ich habe schon freigesprochen, obwohl ich mir sicher war, dass einer ganz bewusst gedopt hat." Die Frage nach quasi unmöglicher Blödheit dopender Sportler stellt sich Probst, seit 2012 im Amt, längst nicht mehr. Blödheit sei kein Milderungsgrund. "Man kann sich nicht vorstellen, was ich an Blödheit schon erlebt habe."

Im Fall Steffan ist es mit der Sperre nicht getan. Der Schwimmer verliert seinen Trainingsplatz auf der Linzer Gugl, unter Umständen auch seinen Platz im Heeressportzentrum und wohl die meisten Förderungen. Setzt er die Karriere fort, so wäre selbst bei erbrachter Qualifikation nicht gesagt, dass ihn das ÖOC für Olympische Spiele nominiert. (Fritz Neumann, 10.11.2017)