Bild nicht mehr verfügbar.

In "Minecraft" können Spielerinnen und Spieler ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Der deutsche Privatsender RTL warnt nach dem Suizid eines neunjährigen Burschen vor dem Sandbox-Spiel – obwohl tatsächlich keinerlei Zusammenhang besteht.

Foto: Reuters

Ein Neunjähriger aus Nordrhein-Westfalen soll sich das Leben genommen haben. Die dortige Polizei und Staatsanwaltschaft rätselt über die Hintergründe – RTL hat allerdings eine Erklärung. So spekuliert der deutsche Privatsender, dass der Bursch wegen des Baukasten-Games "Minecraft" Suizid begangen haben soll.

Übermedien.de ist auf den Beitrag gestoßen, der im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Einen dazugehörigen Online-Artikel gibt es ebenso. In dem Text stellt die zuständige RTL-Reporterin fest, dass in "Minecraft" mit anderen Menschen "sehr leicht" kommuniziert werden kann. "Gerade wenn man die User kennt, kann man sich sehr schnell ausgeschlossen fühlen, wenn die nicht mit einem kommunizieren", schreibt die Redakteurin.

"Minecraft" als "Netzwerk für Pädophile"

In dem Artikel wird nun gemutmaßt, dass dies der Grund war, dass sich der Neunjährige das Leben genommen hat. Zugleich wird gewarnt, dass das Game "ein Netzwerk für Pädophile" sein soll. Tatsächlich hat ein Mann aus Düsseldorf im September 2016 über den Chat des Spiels Kontakt mit einem Zwölfjährigen aufgenommen, diesen entführt und vergewaltigt.

RTL warnt in dem Online-Artikel nach dem Suizid eines Neunjährigen vor "Minecraft".
Foto: Screenshot/WebStandard

RTL: Wollten Fall nur als Aufhänger nutzen

Auf Nachfrage von Übermedien.de hinsichtlich des Suizids des Neunjährigen wurde von der Staatsanwältin ausgerichtet, dass man bezüglich eines Zusammenhangs mit "Minecraft" keinerlei Fakten vorweisen könnte. Auch RTL gab zu, dass die Tatsachenbehauptung "journalistisch nicht einwandfrei" sei. Der Privatsender soll laut eigenen Angaben vielmehr den Fall "als Aufhänger" genutzt haben, um "konstruktiv ein Problembewusstsein für Computerspiele zu schaffen".

Bei "Minecraft" handelt es sich um ein Sandbox-Computerspiel, das mittlerweile Microsoft gehört. Bei dem Game können Spieler ihrer kreativen Ader freien Lauf lassen und die 3D-Welt nach ihren eigenen Vorstellungen erbauen. Das Spiel ist mittlerweile für etliche Plattformen verfügbar und erhielt die USK-Altersfreigabe "ab sechs Jahre". Weltweit wird "Minecraft" von dutzenden Millionen Menschen gespielt.

Über "stinkende Gamer" lustig gemacht

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass der deutsche Privatsender mit einem abwertenden Beitrag über Videospiele für Aufregung sorgt. In einem Beitrag über die deutsche Videospielmesse Gamescom machte sich der Redakteur über die Besucher lustig. Er behauptete etwa in einem Fernsehbeitrag, dass die überwiegende Mehrheit einen Einheitslook trage und schlecht rieche. (dk, 10.11.2017)