Freiburg – Der Mensch hat eine innere Uhr. Mit ihr kann er Zeiträume unbewusst wahrnehmen und abschätzen. Auch Emotionen spielen dabei eine Rolle, wie Forscher vom Institut für Psychologie der Universität Freiburg nun in Experimenten herausgefunden haben. Konkret mussten Probanden auf einem Computerbildschirm nacheinander eingeblendete Substantive nach dem Geschlecht zuordnen. Beim Übergang zum nächsten Wort wurde jeweils ein kleines Kreuz gezeigt.

Was die Probanden nicht wussten: Es handelte sich ausschließlich um positiv oder negativ besetzte Begriffe wie Liebe und Freundschaft auf der einen, Folter und Tod auf der anderen Seite. Bei den meisten positiv besetzten Substantiven erschien das Kreuz zuvor für eine halbe Sekunde, bei den meisten negativ besetzten für zwei Sekunden.

"Das Muster beeinflusste die Probanden, obwohl es ihnen nicht bewusst war", sagt Studienleiter Roland Thomaschke. "War die Kombination ungewöhnlich, etwa ein langes Intervall vor einem positiven Begriff, hatten sie größere Schwierigkeiten, das Geschlecht richtig zuzuordnen." Diese Irritation trat allerdings nicht auf, wenn keine Emotionen im Spiel waren: In der Kontrollgruppe verwendeten die Psychologen konkrete und abstrakte Begriffe anstelle von positiv und negativ besetzten. Das Ergebnis: Hier war der Effekt nicht zu beobachten.

Zeitliche Verzögerung suggeriert Kritik

Die Forscher verweisen darauf, dass die Wirkung von Emotionen auch in Gesprächen beobachtet werden kann: Es zeigt sich, dass positive, zustimmende Antworten in der Regel schneller gegeben werden als negative, ablehnende. Das hat zur Folge, dass etwa Teilnehmer einer Online-Konferenz, deren Redebeiträgen stets eine technisch bedingte zeitliche Verzögerung vorausgeht, von den anderen oft als negativ wahrgenommen werden.

Den Forschern zufolge lassen sich aus den Ergebnissen Hinweise ableiten, wie es möglich sein kann, die Aufmerksamkeit von Menschen zu gewinnen. Wird beispielsweise auf einer Website nach der immer gleichen Zeitspanne Werbung eingeblendet, können die Nutzer dies unbewusst vorhersagen und daher besser ignorieren. Für den Werbetreibenden wäre es daher sinnvoll, die Einblendungen zeitlich unregelmäßig zu schalten – und damit Aufmerksamkeit durch Irritation zu erlangen. (red, 14.11.2017)