Soldaten der Gebirgsjäger-Kompanie bei einer Übung in Saalfelden: Derzeit prüft das Verteidigungsressort, ob man mit anderen EU-Staaten Synergien bei ihrer Ausbildung anstreben kann.

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FPÖ-Verhandler Bösch: "Das Bundesheer liegt am Boden, was Ausstattung, Personal, Zustand der Kasernen, Gerät betrifft. Wenn man eine bessere Finanzierung verhindert, bedeutet das seinen freien Fall."

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Wien – Auch wenn aus den Koalitionsgesprächen derzeit keine Details durchsickern, zu einem erklärten Ziel der FPÖ steht ihr Wehrsprecher Reinhard Bösch, einer von zwei blauen Verhandlern in der Untergruppe "Landesverteidigung", trotz des mit der ÖVP vereinbarten Schweigegelübdes: dass das Verteidigungsbudget auf ein Prozent des heimischen BIP aufgestockt werden soll. So habe er es als Obmann des Landesverteidigungsausschusses im Parlament stets gefordert, so stehe es auch im blauen Wahlprogramm – und deswegen "bemühen wir uns, das zu erreichen", erklärt Bösch im STANDARD-Gespräch.

Der blaue Plan ist durchaus ehrgeizig, denn: Derzeit liegt der Etat für das Bundesheer gerade einmal bei 2,18 Milliarden Euro – was bloß 0,65 Prozent des BIP entspricht. Das freiheitliche Vorhaben würde etwa bei einem schrittweisen Anheben, wie es auch Generalstabschef Othmar Commenda unlängst gefordert hat, im Endeffekt zu jährlichen Ausgaben von 3,5 Milliarden Euro führen.

Böschs Begründung dafür, warum diese deutliche Anhebung nötig sei: "Das Bundesheer liegt am Boden, was Ausstattung, Personal, Zustand der Kasernen, Gerät betrifft. Wenn man eine bessere Finanzierung verhindert, bedeutet das seinen freien Fall – und sein Wiederaufbau würde damit verunmöglicht."

Kein Kommentar von Sobotka

Damit spielt der Oberst auf die Einschnitte beim Militär in den vergangenen zehn Jahren an, ehe im Vorjahr unter Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) – vor allem unter Verweis auf Flüchtlingskrise und Terrorgefahr – erstmals wieder Investitionen getätigt wurden. Aus dem Büro von Innenminister Wolfgang Sobotka, unter anderen Böschs türkises Gegenüber bei den Regierungsgesprächen, heißt zu einer etwaigen Erhöhung des Verteidigungsbudgets derzeit aber nur: Es gebe "keinen Kommentar" zu laufenden Verhandlungen.

Dabei formiert sich seit der US-Präsidentschaft von Donald Trump in vielen EU-Staaten, mehrheitlich auch Mitglieder der Nato, der Wille, wieder mehr für die eigenen Armeen auszugeben. Dazu einigten sich erst zu Wochenbeginn 23 EU-Außen- und Verteidigungsminister in Brüssel auf eine "permanente strukturierten Zusammenarbeit" ihrer Staaten in Militärfragen, kurz "Pesco" genannt, darunter auch Außenminister und wohl Demnächst-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der erste Schritt auf dem Weg zu einer Verteidigungsunion, der Mitte Dezember bei einem EU-Gipfel paktiert wird, soll die Union unabhängiger von den USA machen.

Zum Anstieg verpflichtet

Als Neutraler wird sich Österreich keinesfalls an etwaigen Kampftruppen beteiligen, bis Ende November prüft aber das Verteidigungsressort, ob man mit anderen EU-Staaten etwa Synergien bei der Gebirgsjägerausbildung, bei der Offiziersausbildung oder bei der Cybertechnik anstrebt.

Dazu verpflichten sich die teilnehmenden Länder laut Gründungsurkunde zu zwanzig bindenden Verpflichtungen – darunter "regelmäßig real steigende Verteidigungsbudgets". Wörtlich heißt es zu den "commitments" in dem Dokument unter "Annex II Punkt 1", das dem STANDARD vorliegt: "Regularly increasing defence budgets in real terms, in order to reach agreed objectives."

Budgetpfad unerwünscht

Im Außenamt von Kurz heißt es dazu, dabei handle es sich um "keine Verpflichtung", sondern "eine Willensbekundung". Brüssel könne die EU-Staaten zu keinem Budgetpfad bei der Verteidigung verpflichten – und überhaupt handle es sich dabei um "eine rechtsunverbindliche Empfehlung".

FPÖ-Mann Bösch wiederum ist skeptisch, ob Pesco tatsächlich umgesetzt wird, "da es schon viele Anläufe" in der EU für eine militärische Union gegeben habe. Bisher ohne Erfolg. Sein Fazit: "Es ist ungewiss, ob es je gelingen wird, neben der Nato eine andere Struktur aufzusetzen und zu finanzieren." (Nina Weißensteiner, 14.11.2017)