Andreas Schieder steigt in den Ring.

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Wien – Andreas Schieder, geschäftsführender Klubobmann der SPÖ im Parlament, gab am Mittwoch seine Kandidatur als Nachfolger von Wiens Bürgermeister und SPÖ-Landeschef Michael Häupl bekannt. Damit wird es beim Sonderlandesparteitag am 27. Jänner 2018 zu einer direkten Kampfabstimmung mit Wohnbaustadtrat Michael Ludwig um das Amt des SPÖ-Landesparteichefs kommen. Wie berichtet wird Häupl beim Parteitag diese Funktion zurücklegen.

In einem Brief an seine Genossen und Genossinnen in den Wiener Gremien, der dem STANDARD vorliegt, schreibt Schieder: "Ich habe mich entschlossen, für den Vorsitz der SPÖ Wien zu kandidieren, weil ich Verantwortung für die Zukunft unserer Partei, unserer Idee und unserer Stadt übernehmen will. Das kann aber nur gemeinsam gelingen."

Es gehe um viel, so der 48-Jährige: "Es geht ums Eingemachte." Denn "der Wind des konservativ-reaktionären Zeitgeistes" blase der Sozialdemokratie in "ganz Europa ins Gesicht" mit dem Ziel, "den erfolgreichen Weg des sozialen Ausgleichs des Nachkriegseuropas zu zerstören". In Österreich plane Schwarz-Blau den "Umbau unseres Staates". Wien sei der neuen Regierung ein "Dorn im Auge".

"Wir haben eine gute Chance, wieder eine breite politische Mehrheit zu erlangen", erklärt Schieder. Dies könne aber nur gelingen, wenn die Wiener SPÖ sich in der Mitte der Gesellschaft und mitten im Leben der Bewohner der Stadt positioniere.

Schieder: "Habe gute Chancen"

Schieder galt schon lange als einer der Favoriten des sogenannten linken Flügels innerhalb der zerstrittenen Wiener Partei. "Es geht nicht um links oder rechts, nicht um Innenstadt gegen Stadtrandbezirke", erklärt Schieder in seinem Brief: "Das beste Gegenkonzept zur zukünftigen Bundesregierung ist, wenn man ein eigenes Konzept hat. Für eine Politik des Optimismus, der sozialen Gerechtigkeit, der Freiheit und der lebendigen Demokratie sowie der umfassenden Sicherheit."

Seine Chancen schätzt Schieder im Gespräch mit dem STANDARD als "sehr gut" ein: Ich habe in den letzten Wochen viel Zuspruch bekommen", sagt er. Viele aus der Partei seien zu ihm gekommen und hätten ihre Unterstützung bekundet. "Sowohl Junge als auch Alte, aus allen Bezirken der Stadt." Auch mit vielen Wählern habe er positiven Kontakt gehabt, sagt Schieder: "Ich denke, ich kann in der Wiener SPÖ gute Arbeit leisten."

Von einer "Kampfabstimmung" will Schieder hingegen nichts wissen: "Ich sehe das als Diskussionsprozess, der in jedem Fall gut ist." Es gehe ihm darum, gemeinsam und transparent zu diskutieren, wie die SPÖ die Stadt künftig gestalten will. Dabei gehe es nicht um Lager innerhalb der SPÖ. "Ich lehne die Einkastelung in Innen- oder Außenbezirke und links oder rechts ab." Es gehe um die Frage, "wie man Wien im 21. Jahrhundert als lebenswerte und moderne Stadt absichert".

Ludwig ebenfalls Kandidat

Neben Schieder hat bereits seit längerem auch Wohnbaustadtrat Ludwig angekündigt, für die Funktion des SPÖ-Landesparteichefs zu kandidieren. Es ist nicht ausgeschlossen, aber eher unrealistisch, dass sich noch weitere Personen um den Posten bewerben. Die entsprechende Frist läuft am 5. Jänner 2018 ab.

Das Amt des Bürgermeisters wird Häupl, so hat er es angekündigt, in der ersten Jahreshälfte 2018 ebenfalls übergeben.

SPÖ-Landesparteisekretärin Sybille Straubinger bedankte sich am Mittwochnachmittag in einem Facebook-Eintrag bei beiden Kandidaten und sprach ihnen "großen Respekt" aus. Gleichzeitig bat sie Schieder und Ludwig, "sich auf einen fairen, offenen und zukunftsorientierten internen Wahlkampf einzulassen". Die Parteimitglieder sollten sich "unvoreingenommen in diesen Meinungsbildungsprozess" einlassen.

Frauenberger zu Schieder: "Super Politiker"

Finanzstadträtin Renate Brauner bezeichnete Schieder als "geeigneten Kandidaten. Er hat meine Unterstützung", sagte sie dem STANDARD. Schieder wolle die Partei wieder einen, wie er in seinem Brief auch darstellte. Dieses Unterfangen traut sie Schieders Kontrahenten Ludwig nicht zu. "Er hat es zumindest noch nicht formuliert", kritisierte Brauner.

Auch Landtagspräsident Harry Kopietz gab eine Unterstützungserklärung für Schieder ab. Er halte ihn "für einen sehr geeigneten Kandidaten, der alles repräsentiert, was wir jetzt benötigen". Als Mandatar der SPÖ Floridsdorf fügt er hinzu, sich immer für seinen Bezirkschef Ludwig eingesetzt zu haben, aber viele Floridsdorfer sehen das so wie er. Schieder könne es gelingen, die SPÖ zu einen.

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger äußerte sich im Rahmen einer Pressekonferenz am Mittwochvormittag – noch vor der Bekanntgabe Schieders –, dieser sei jedenfalls "ein super Politiker". Frauenberger, der linken Fraktion der Wiener SP zugehörig, gilt nicht gerade als Unterstützerin Ludwigs: In einem Interview mit dem STANDARD im Mai dieses Jahres sagte Frauenberger, dass Ludwig "derzeit kein einender Kandidat" sei.

Bildungsstadtrat Jügen Czernohorszky erklärte, er stimme den Aussagen in Schieders Kandidaturbrief zu. "Ich kann die Inhalte teilen", sagte er. Er freue sich auf die inhaltliche Auseinandersetzung, die auf die Wiener SPÖ zukomme.

Ludwig "kein Problem" mit Kandidatur

Ludwig gab sich am Mittwoch gelassen über die Kandidatur Schieders: "Ich sehe da kein Problem." Es werde nun sicher "viele Gespräche" geben, zeigte er sich überzeugt: "Man sollte einmal diesen Wettbewerb der Ideen abwarten." Einschätzungen, wie gut seine Chancen stehen, wollte Ludwig nicht abgeben: "Das wird sich am Landesparteitag zeigen." Jeder habe jedenfalls seine Qualitäten.

"Ich habe mich immer in der Vergangenheit bemüht, als Brückenbauer zu wirken, und ich glaube, das ist mir auch gelungen, auch über die Parteigrenzen hinaus. Ich gehe davon aus, dass mir das auch in der SPÖ Wien gelingen wird", übte sich der Wohnbaustadtrat in Zuversicht. Schieder selbst kenne er gut. Er schätze ihn, wobei er ohnehin mit niemanden in der SPÖ persönliche Differenzen habe, versicherte Ludwig.

(Oona Kroisleitner, David Krutzler, 15.11.2017)